Donnerstag, 14. Februar 2019

...Just Listen to the Rhythm of My Heart: Die CWTE-Valentinstagsplaylist 2018


SINFUROCO
Cupid's Bow (2009)
Auch wenn Sinfuroco aus Berlin mittlerweile eine größtenteils komplett vergessene (weil nie sonderlich bekannte) Band sind, Hits haben sie ihrerzeit ein paar geschrieben. Einer davon ist mit Sicherheit Cupid's Bow, der Opener ihres zweiten Albums Elephant, ein sehr fahriger und nervöser Jazzrock-Lovesong, der in einem Paralleluniversum vielleicht so etwas wie das Creep dieser Band ist. Nur dass er Sinfuroco dabei in keinster Weise peinlich sein muss.


THE DARKNESS
I Believe in A Thing Called Love (2003)
Wenn der Valentinstag musikalisch für eines (auch) ein Anlass ist, dann um den einzig jemals wirklich guten Song von the Darkness wieder aufzulegen, der ganz zufällig auch ein richtig knalliger Lovesong ist. Zwar ist er eher energisch und ein bisschen albern als ernsthaft romantisch, aber auch in keinem Fall die Parodie romatischer Hairmetal-Hits, den die Leute ständig daraus machen. Wenn überhaupt, ist er selbst einer dieser romatischen Hairmetal-Hits, und selbst davon noch immer einer der besten.

MOONFACE
November 2011 (2013)
Julia With Blue Jeans On ist nicht nur die beste beste Platte von Spencer Krug und eine Art Goldstandard für klavierbasierte Popmusik, sondern vor allem auch ein hoffnungslos romantisches, hingebungsvolles Album. Die ganze LP handelt von der wahren Geschichte, in der Krug sein bisheriges Leben als Profimusiker aufgibt, um zu seiner Frau nach Finnland zu ziehen, in deren Zentrum November 2011 als Ziel dieses Vorhabens steht: Eine euphorische Powerballade mit mehr Romantik, als eigentlich in einen einzelnen Song passt.

MARVIN GAYE
I Want You (1976)
Hätte der heilige Valentin einen Hofkompositeur gehabt, es hätte dafür niemand besseren als Marvin Gaye gegeben und noch heute erzielen seine Tracks zum 14. Februar wahrscheinlich regelmäßig Streaming-Rekorde. Doch statt eines ausgelutschten Sexual Healing oder Let's Get It On schlägt mein Herz für diesen relativ unbekannten Titel aus seinem Quasi-Spätwerk, das die für Gaye typische Erotik mit dem exotischen Flair der frühen Disco-Bewegung verbindet und damit als frivole Engtanz-Nummer noch optimaler ist.

FRANK SINATRA
Ring-A-Ding-Ding! (1961)
Lovesongs aus den frühen Sechzigern, insbesondere von Frank Sinatra, haben im heutigen Kontext nur allzu oft die romantische Frische einer Folge Mad Men und sind definitiv mit Vorsicht zu genießen, es gibt aber wiederum auch jene, die eine unsterbliche Emotionalität in sich tragen und 2019 noch immer so großartig sind wie vor fast 60 Jahren. Ring-A-Ding-Ding! ist einer von letzteren, der das eigentliche Wesen der Liebe zum Thema hat und eher den beobachtenden Standpunkt eines Märchenerzählers einnimmt, den niemand auf der Welt so gut verkörpern könnte wie Sinatra.

QT
Hey QT (2014)
PC Music aus London haben in den letzten Jahren in Bezug auf Lovesongs das Kunststück geschafft, dass es bei ihnen nicht mehr awkward klingt, über Beziehungen im Internet-Zeitalter zu singen, größtenteils wahrscheinlich, weil gerade Leute wie QT selbst zur Hälfte aus Software bestehen. Man muss Songs wie diesen hier deshalb nicht romantisch finden, ein spannender Auswuchs des Genres "Liebeslied" ist Hey QT aber auf jeden Fall. Und am Ende vielleicht auch realer, als man glauben mag.

THE SMITHS
Hand in Glove (1984)
Das Debütalbum der Smiths ist in seiner Gänze ein faszinierendes Dokument darüber, als Homosexueller im Großbritannien der frühen Achtziger zu leben, wobei es nur Hand in Glove als einen der wenigen direkten Lovesongs braucht. Und als solcher ist dieser auch maximal euphorisch, naiv und unerbittlich. Eine Sache, die man in späteren Jahren nur noch sehr selten bei dieser Band sieht, geschweige denn bei einem griesgrämigen Populisten wie Morissey.

NEGROMAN
Auch ein Negroman hat Gefühle (2016)
Vielleicht geht es in diesem Song auch um Friedrich Nietzsche, um toxische Männlichkeit oder am Ende eigentlich um gar nichts, aber die Grundlage hier ist irgendeine verkorkste Form von Liebe. Bei der metaphorischen Dichte eines Negroman-Textes ist das alles immer nicht so einfach und Romatik ist bei Texten über SM-Praktiken, gegrillten Speck und Asthmaspray Ansichtssache. Ein faszinierendes Stück Musik ist es trotzdem und am Ende trotz allem irgendwie ein bisschen süß.

MAZZY STAR
Fade Into You (1993)
Eine Live-Aufnahme von Fade Into You aus dem Jahr 1994 wurde letztes Jahr zum kleinen YouTube-Hit und es ist eigentlich kein Geheimnis, wieso: Die damals 18-jährige Hope Sandoval bringt mit ihrer Performance eine ganze Arena dazu, für viereinhalb Minuten komplett die Klappe zu halten, weil ihr Song einfach durch jede Faser geht. Das spricht zum einen für das Talent der Sängerin, zum anderen dafür, dass sie hier eine sehr einmalige Nummer über unerwiederte Liebe schreibt, die bei aller Tragik auch unglaublich schön daherkommt.

QUEEN
Seaside Rendezvous (1975)
Es gibt durchaus distinguiertere Lovesongs aus der Feder von Queen und auch viele davon könnten hier stehen, doch jene operettenhafte Comedy-Variante aus A Night at the Opera ist in dieser Hinsicht ein ganz besonderes Schmankerl. Garniert mit den besten Elementen des royalen Glam-Songwritings könnte diese Nummer in ihrer Basis auch von Monty Python geschrieben worden sein und passt damit perfekt in die komödienhafte, unglaublich kreative, verrückte Welt, die Queen auf dieser LP erzeugen.


DARWIN DEEZ
Radar Detector (2010)
Lediglich in der naiv-bunten Wes Anderson-Phase des Mainstream-Pop zu Anfang dieser Dekade hätte ein Song wie Radar Detector tatsächlich eine realistische Chance gehabt, erfolgreich zu werden, und eine Weile war er das sogar ein bisschen. Ein kunterbunter, leichter Indierock-Track, in dem es um die blumigen, euphorischen ersten Wochen einer Beziehung geht, in denen scheinbar einfach alles stimmt. Ein bisschen reifer ist Deez seitdem auch geworden, aber es ist schön, dass er diese Phase hatte. Denn die hatten wir schließlich alle mal.

DIRE STRAITS
Your Latest Trick (1985)
Einer der wenigen Songs der Dire Straits, in denen die Gitarre mal nicht das Hauptinstument ist, sondern eine der steilsten Saxofon-Hooks der Achtziger, nach der selbst George Michael sich noch umschauen würde. Gleichzeitig offenbart ausgerechnet Mark Knopfler hier eine nie geahnte Laszivität in seiner Stimme, die Your Latest Trick zu einem ernsthaften Kandidaten für kitschige Kerzenlicht-Abende macht, den man gar nicht so richtig auf dem Zettel hatte.

MUSE
Invincible (2006)
Den Pathos haben Muse ja seit Eh und Je mit Löffeln gefressen, da wundert auch nicht, dass man Matthew Bellamy glaubt, wenn er Sachen singt wie "there's no one like you in the universe" und hier die ganz dicke Emotions-Keule rausholt. Er ist eben ein Typ der großen Gesten und Invincible daher auch einer der sperrigsten Lovesongs, die man in der modernen Rockmusik finden wird. Trotzdem wirkt er nicht überzogen und falsch, was in dieser Größenordnung schon eine Seltenheit ist und das hier zu einem meiner liebsten Muse-Songs überhaupt macht.

KEN BOOTHE
When I Fall in Love (1968)
Die Schönheit früher Rocksteady-Platten im Vergleich zum klassischen Roots Reggae zeigt sich vor allem in Lovesongs wie When I Fall in Love, die zwar grundlegende Reggae-Elemente aufweisen, inhaltlich aber noch irgendwo im Do-Wop und Motown-Sound zuhause sind. Aber auch ohne zusätzliche Geschichtsstunde taugt dieser Standard von Ken Boothe als großartige Hochzeitsnummer, die die Beständigkeit der Liebe besingt.


FOO FIGHTERS
Tired of You (2002)
Ich habe mit den Foo Fighters immer ein bisschen meine Probleme gehabt, doch diesen einen Song liebe ich eigentlich schon immer. Als grundehrliche Kontemplation über das unausweichliche Ende einer Beziehung schafft Dave Grohl hier einen sehr seltenen nachdenklichen Moment, der vor allem dank der minimalistischen musikalischen Umsetzung und fünf Minuten Streckbank unglaublich stark geworden ist.


ABSOLUTE BEGINNER
Liebes Lied (1998)
Alles andere als ein Geheimtipp und eigentlich kein Song, den man 2019 noch in so eine Liste schreiben muss. Andererseits aber auch einer, für den es seit 20 Jahren auch keinen Grund gab, nicht in so einer Liste zu landen, denn wenn eine Deutschrap-Single der damaligen Zeit das Prädikat "zeitlos" verdient, dann definitiv dieses hier. Und daran kann auch die tausendste K.I.Z.-Parodie und selbst die Tatsache nichts ändern, dass die Beginner hier eigentlich überhaupt kein Liebeslied schreiben.

BOB DYLAN
the Man in Me (1970)
Die meisten kennen das hier ganz sicher als den Song aus the Big Lebowski und wenn man es genau nimmt, singt Dylan hier eigentlich sowas wie die Essenz des Coen-Meisterwerks: The Man in Me ist eine Mischung aus behaglicher Männlichkeits-Hymne und ehrlichem Lovesong, in dem es um Verständnis und Geborgenheit geht. Ganz nebenbei gefühlt das einzige richtig gute Liebeslied von Dylan, das ohne sechsminütigen Storytelling-Aufbau auskommt.


HUND AM STRAND
Jungen Mädchen (2005)
Jungen Mädchen ist der einzige kleine Hit des einzigen Albums von Hund am Strand, eine dieser Motor FM-Bands aus den Zweitausendern, dafür will er aber gleich die große Revolution. Der Text ist gleichzeitig Persiflage und zweiter Aufguss promiskuitiver 68er-Parolen und fordert eventuell auch ein bisschen die freie Liebe. Vor allem ist es aber ein schönes Relikt eines längst vergangenen Nischengenres deutscher Popmusik, das ich selbst fasr vergessen hätte.

KURT COBAIN
And I Love Her (2015)
Vielleicht der schönste Moment der Montage of Heck-Homerecording-Serie von Kurt Cobain ist dieses zweiminütige Schrabbel-Akustik-Cover einer mäßig bekannten Beatles-Nummer, denn es zeigt eine spannende Seite des Musikers. Zum einen natürlich, dass er doch ein ziemlicher Beatles-Fan war, zum anderen ist das hier eine fast schon niedliche Seite des ewigen Grunge-Griesgrams Cobain, die man auf seinen eigenen Stücken eigentlich nie erlebte. Sicher eher ein Fundstück für Hardcore-Fans, aber definitiv nicht zu unterschätzen.

POLIS
Danke (2014)
Wenn Christian Roscher über die Liebe singt, geht es nicht nur ums schnöde Beziehungsleben, sondern um Menschen, Erde und das Universum an sich, daran muss man sich bei ihm gewöhnen. Trotzdem ist Danke in seinem Kern letztendlich auch nicht mehr als ein sehr klassischer Lovesong und funktioniert als solcher auch fabelhaft. Das heißt, wenn man dabei auch auf dreiminütige Soloparts und religiöse Metaphorik steht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen