Donnerstag, 21. Dezember 2017

Das war's 2017: Vermischtes


In den letzten paar Wochen gab es ja hier schon die ein oder andere Liste von mir, in der ich ein paar Highlights dieses Jahres aufstellte. Weil es aber eine riesige Arbeit ist, immer alles zu ranken und aufzuzählen und es manchmal auch reicht, einfach nur noch mal zu sagen, was gut oder schlecht war, habe ich in diesem Post einfach mal eine fette Namedropping-Rubrik aufgemacht, in der ich nochmal ein paar Kategorien benenne, die ich 2017 irgendwie reizvoll fand. Einige davon sind sicher Diskussionsstoff, andere einfach nur Jux. Aber alle davon wollte ich irgendwie noch mal loswerden, bevor das Jahr endgültig vorbei ist.

Musikalische Persönlichkeit des Jahres:
SYD
Schon in meinem Review zu ihrem neuen Album sagte ich, dass die Welt ein besserer Ort wäre, wenn mehr kleine Mädchen sich Syd zum Vorbild nehmen würden als Taylor Swift. Nicht nur macht die Sängerin aus Kalifornien sehr gute Popmusik, sie spricht darin auch prekäre Themen an, ist in den letzten Jahren zum Sprachrohr der LGBTI-Community geworden und aktiv gegen Rassismus, Homophobie und allen möglichen anderen Scheiß. Im Gegensatz zu einer Beyoncé oder Solange tut sie dies aber ganz unanstrengend und argumentiert mit Hoffnung statt mit Aggression. Bleibt nur zu hoffen, dass man damit auch zum Popstar werden kann.

Musikalische Arschlöcher des Jahres:
PWR BTTM
Die Anschuldigungen um Vorfälle sexueller Gewalt in der Welt der Promis fand 2017 auch in der Musikbranche nicht halt und an dieser Stelle hätten in meinen Augen auch Namen wie Brand New, Moose Blood, Melanie Martinez oder sogar Migos stehen können. Die Sache mit PWR BTTM ist im Endeffekt nur die Geschichte, die mir persönlich emotional besonders nahe ging. Wer nicht weiß, worum es geht: ich habe darüber im Sommer einen Beitrag verfasst, den ihr hier lesen könnt. Die gute Nachricht im Nachhinein bleibt jedoch, dass 2017 für mich das Jahr war, in dem solche Scheiße nicht mehr ohne Konsequenzen stattfand, sondern von der Branche selbst geahndet wurde, wie auch der Fall PWR BTTM selbst bestätigt. Von einem Licht am Ende des Tunnels kann man also mindestens ausgehen...

Arbeitstier des Jahres:
MARK KOZELEK
Mit unglaublichen fünf Alben in diesem Jahr hat der Songwriter aus Ohio hier quantitativ einfach überzeugt. Definitiv auch erwähnenswert: King Gizzard & the Lizard Wizard (bisher 4 Alben, 5 waren angekündigt) und Brockhampton (3 Alben).

Pop-Hit des Jahres:
KENDRICK LAMAR-Humble
Erster Punkt für Kendrick in dieser Rubrik, einige weitere werden Folgen. Weitere Kandidaten: Green Light von Lorde und Sign of the Times von Harry Styles.

Coolster Coversong:
SEPULTURA-Ultraseven No Uta
Weil man sich so einen Blödsinn einfach nicht ausdenken kann.

Gitarrenriff des Jahres:
TY SEGALL-Break A Guitar
Völlig ohne Konkurrenz in diesem Jahr, weil Ty Segall hier einfach mit einem großartigen Brecher sein neues Album eröffnet. Ganz im Sinne des Titels einhundert Prozent Rock'n'Roll, denn einer muss es ja machen, wenn es die White Stripes nicht mehr gibt.

Punchline des Jahres:
Ich lese was von Martin Luther / und ficke deine Mutter  -Taktlo$$
Rap-Banger des Jahres:
KENDRICK LAMAR-Humble
Zweiter Punkt für Kendrick. Weil ers verdient hat.

Enttäuschendstes Album des Jahres:
GORILLAZ-Humanz
Sehr traurig, das hier schreiben zu müssen, waren Gorillaz doch sehr lange meine konkurrenzlose Lieblingsband. Ich hoffe einfach immer noch, dass es nur eine Phase war...

Positive Überraschung des Jahres:
XXXTENTACION-17
Nicht das beste Album des Jahres, nicht mal unter meinen Favoriten fürs Jahresende, aber definitiv positiv und sowas von überraschend. Mit seiner Akustik-Emo-Platte hat der Soundcloud-Rapper dieses Jahr eine Breitseite geliefert wie kein anderer und dass das ganze nicht mal scheiße war, ist nochmal ein Schock für sich. Aber einer, der gewürdigt gehört.

Dämliches, aber übermäßig gehyptes Album des Jahres:
FATHER JOHN MISTY-Pure Comedy
Ja ich weiß, die Songs von Father John Misty sind der satirische Deckel, der auf Trumps Amerika und die Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation passt und so, aber ein achtzigminütiges, stinklangweiliges Country-Album über die Furchtbarkeit dieser Welt und wie scheiße wir doch alle sind, war für mich dieses Jahr keine wirkliche Bereicherung. Vor allem, weil die Platte musikalisch eigentlich gar nichts zu bieten hat.

Gutes, aber leider sehr verhasstes Album des Jahres:
AT THE DRIVE-IN-In.Ter.A.Li.A
Sicher, das Comeback von ATDI in diesem Frühjahr war nicht unbedingt die originellste Platte und zeitgemäß ist der Stil der Texaner auch nicht mehr wirklich. Man kann In.Ter.A.Li.A allerdings weder vorwerfen, reiner Fanservice zu sein noch, kompositorisch oder klanglich halbe Sachen zu machen. In meinen Augen ist die Band hier auf einem künstlerischen Niveau, das dem vor ihrem Comeback auf jeden Fall entspricht und klingt, als hätten sie sich gerade gestern getrennt.

Hiphop-Beat des Jahres:
FUTURE-Mask Off
Produziert von Southside und MetroBoomin
Ganz ehrlich, das Meme, das dieses Jahr um Mask Off exisierte, war eigentlich ziemlich lame. Aber dennoch fokussierte es sich auf das, was an diesem Song das beste war, nämlich Southsides und MetroBoomins fantastisch produzierter Beat. Zwar besteht der aus einem eher schlichten Sample aus Tommy Butlers Prison Song, gepaart mit einem straighten Trap-Pattern, aber ist die geloopte Stelle mit der markanten Querflöte so on point ausgewählt, dass der Song dieses Jahr zum Instant Classic für Memelords wie ernsthafte Hiphop-Fans gleichermaßen wurde. Höchstwahrscheinlich ein Track mit großem Nachhall.

Comeback des Jahres:
AT THE DRIVE-IN
Nochmal At the Drive-In, aus bereits oben genannten Gründen. In meinen Augen verdienen zwar auch Slowdive, Kreator, Ride, Taktlo$$ und ein bisschen LCD Soundsystem einen Trostpreis (es war allgemein ein Jahr mit vielen sehr gelungenen Comebacks), aber die Texaner waren 2017 irgendwie am fettesten und frischesten und ich muss sagen, dass ich damit nicht unbedingt gerechnet hatte. Umso schöner deshalb.

WTF-Platte des Jahres:
KING GIZZARD & THE LIZARD WIZARD-Murder of the Universe
Ein eigenartiges, dreiteiliges Science Fiction-Story-Album mit Balrogs, Menschen erschaffenden Robotern und dem "Herrn der Blitze" als handelnden Personen ist etwas, das man einer Band wie King Gizzard durchaus zutraut, aber dass sie die Theorie davon an Schrägheit noch überbieten, damit haben sicher nicht mal Hardcore-Fans gerechnet. Murder of the Universe hat dadurch bei mir zwar eher weniger gut abgeschnitten, aber Respekt habe ich vor diesem Projekt dennoch jede Menge. Honorable Mentions sind in dieser Rubrik Machine Messiah von Sepultura und I Tell A Fly von Benjamin Clementine.

Live-Album des Jahres:
ANIMAL COLLECTIVE-Meeting of the Waters
Einfach weil das Konzept faszinierend ist. Geologist und Avey Tare sitzen im Dschungel und nehmen vier Jamsessions quasi gemeinsam mit dem Fluss, den Vögeln und den Insekten auf. Sowas ist maximal Animal Collective, maximal Hippiekacke und maximal kreativ und deshalb auch besser als jede noch so fette Rammstein-Live-DVD dieses Jahres. Größer ist eben nicht immer besser.

Mein Sommerhit des Jahres:
ONDATRÓPICA-Bogotá
Despacito ist definitiv eine feste Größe in 2017, aber ich hatte diesen Sommer meinen ganz eigenen Latin-Flavour-Lieblingssong und der kommt natürlich von den großartigen Ondatrópica. Bogotá ist wie der Name schon sagt eine Hymne an die kolumbianische Hauptstadt und Homebase des Projektes und demzufolge so etwas wie das Dickes B dieser Band. Rein Hit-technisch wäre damit auch ungefähr das Level beschrieben, auf dem sich dieser Track befindet. Da kann Justin Bieber noch so verführerisch in die Kamera schmachten.

Politischer Song des Jahres:
LOVE A-Unkraut
Love A waren bisher immer so ein bisschen die Punkband, die sehr auf menschliche Innenansichten spezialisiert waren, deshalb ist ein so explizit politischer Song von ihnen eher eine Überraschung. Dafür, dass sie neu auf dem Gebiet sind, ist die Nummer jedoch ziemlich genial. Die Verhältnisse in der Bundesrepublik, namentlich Pegida, AfD und Konsorten, werden intelligent angeprangert und gleichzeitig in einen dieser fantastischen Love-A-Refrains übersetzt, der komplex, aber doch irgendwie packend ist. Vielleicht kein Kandidat für die nächste Demo, aber deshalb ja auch nicht gleich schlechter...

Schlechtester Song des Jahres:
JULIA ENGELMANN-Grapefruit
Schon klar, Julia Engelmann ist ein leichtes Ziel für eine Rubrik wie diese, aber Grapefruit war ein Song, der 2017 einfach gar nicht ging. Es fällt mir regelmäßig schwer, hier nicht schon nach den ersten Zeilen ein bisschen kodderig zu werden und spätestens nach dem Refrain kann ich meistens nur noch skippen. Die paar male, die ich den Track dann tatsächlich vollständig gehört habe, zweifelte ich an meiner Auffassung von Musik. Grapefruit ist ekelhaft und unhörbar und ich will ihn am liebsten nie gehört haben. Damit ist er auch mit Abstand viel schlechter als die auch sehr schlechten Stücke Nemoralia von Ulver und Slowmotion von Fler und Jalil.

Schlechtestes Album:
INCUBUS-8
Ich könnte an dieser Stelle noch weiter auf Julia Engelmann rumhacken, aber ihr Poesiealbum ist mir das ehrlich gesagt überhaupt nicht wert. Schlimmer finde ich, dass meine ehemalige Lieblingsband sich hier erdreistet, mit einem so unglaublich faulen Album um die Ecke zu kommen. Kein einziger Song hier klingt, als hätte sich dabei jemand Mühe gegeben, Brandon Boyds Texte sind Schatten ihrer selbst und die Produktion von Skrillex(!) ist einfach nur ein schlechter Witz. Ich ernenne 8 zum schlechtesten Album des Jahres, weil ich will, dass Incubus sich dafür schämen. Hochachtungsvoll, ein Fan.

Bestes Debütalbum des Jahres:
REMO DRIVE-Greatest Hits
Würde ich das blaue Album von Weezer mögen, würde ich sagen, Greatest Hits ist wie damals beim blauen Album von Weezer. Aber so wie ich das sehe, ist es viel besser als diese tatsächlich sehr überbewertete Platte. Greatest Hits ist so geil geschrieben, performt und zusammengesetzt, dass es einem völlig egal ist, wie unglaublich billig und beschissen diese LP produziert ist und man einfach nur die Songs geil findet. Genau diese Qualitäten sollten in meinen Augen noch mehr Debütalben haben. Definitiv eine Band für die Zukunft!

Und hier noch einige Alben, die dieses Jahr die coolsten in verschiedenen Aspekten waren:

Tanzbarste Platte:
OMAR SOULEYMAN-To Syria, With Love

Finsterste Platte:
AUDIO88-Sternzeichen Hass

Traurigste Platte:
MOUNT EERIE-A Crow Looked at Me

Fetteste Rockplatte:
KING GIZZARD & THE LIZARD WIZARD-Flying Microtonal Banana

Beste Mainstream-Pop-Platte:
DRAKE-More Life

Beste Singer-Songwriter-Platte:
MOUNT EERIE-A Crow Looked at Me

Bestes Gitarrenalbum:
THURSTON MOORE-Rock N Roll Consciousness

Bestes Schlagzeugalbum:
KING GIZZARD & THE LIZARD WIZARD-Polygondwanaland

Bester Klang auf einem Album:
AVEY TARE-Eucalyptus

Bestes Konzeptalbum:
DIRTY PROJECTORS-Dirty Projectors

Am krassesten gehyptes Album:
KENDRICK LAMAR-Damn.

Zum guten Schluss fehlt eigentlich nur noch das beste Album des Jahres, aber welches das ist, erfahrt ich dann erst in ein paar Tagen. Bis dahin kommt noch die Liste mit meinen Lieblingssong und mit diesen beiden Posts war es das dann auch schon für 2017.

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