Montag, 18. Dezember 2017

Das war's 2017: Die besten Konzerte



Es ist eher selten, dass ich darüber schreibe, wenn ich dann und wann mal ein Konzert besuche (leider nach wie vor nicht so oft wie ich das gerne würde), doch dafür mache ich ja jetzt diese Liste. In ganz einfacher Form liste ich hier einfach die Gigs auf, die mir dieses Jahr am besten gefallen haben, mir besonders in Erinnerung geblieben sind oder was auch immer. Im Unterschied zu den letzten beiden Jahren möchte ich diesmal jedoch kein Ranking machen, da es irgendwie immer sehr schwierig ist, solche Erlebnisse zu vergleichen und dabei auch immer tolle Sachen hinten über fallen. Stattdessen habe ich hier acht Konzerte ausgewählt, von denen ich euch noch einmal in aller Kürze berichten möchte.

OHTAKE KOHAN & NANORISK AKATSUK
19.5. / Odradek / Chemnitz
Eher zufällig bin ich im Mai diesen Jahres über diese fantastische Live-Kollaboration gestolpert, als ich wie üblich nach dem ersten Abend des Chemnitzer Fuego A La Isla-Festivals in das wundervolle Odradek einkehrte. Dort wurde ich Zeuge einer sehr eigenwilligen Jamsession zweier sonderbarer Experimentalmusiker, deren Aufeinandertreffen zu diesem Zeitpunkt eine Art kosmischer Glücksfall ist. Nicht nur weil man Ohtake Kohan (aus Tokio) und Nanorisk Akatsuk (aus Teheran) nicht unbedingt in einem Café in Westsachsen erwartet, sondern auch weil die beiden zwei musikalische Feingeister sind. Ohtake spielt modifizierte Gitarre und erinnert stellenweise etwas an Damo Suzuki, Akatsuk seinerseits drischt auf ein mit Midi-Samples präpariertes Schlagzeug ein und was die zwei an diesem Abend zusammenjammen, ist folglich nicht wirklich von dieser Welt. Schön, dass ich es trotzdem gesehen habe.

SYSTEM D
20.5. / Fuego A La Isla Festival / Chemnitz
Die Fuego-Show von System D (ja, wir befinden uns immer noch in Chemnitz) war für mich dieses Jahr weniger von einem musikalischen oder performativen Standpunkt interessant, sondern viel eher als Maßnahme des Empowerment. Die fünfköpfige Leipziger Band, die vor wenigen Jahren aus Marokko emigrierte, spielt bombastischen Roots Reggae mit politischer Breitseite, für den sie an diesem Nachmittag genau das richtige Publikum findet. Mit Texten über Flucht, Rassismus, Diskriminierung und Krieg werden sie spontan zum Sprachrohr vieler Festivalbesucher mit eigenem Fluchthintergrund, die die kleine Bühne auf der Schlossteichinsel innerhalb weniger Songs zur Partymeile werden lassen. Musikalisch ist das ganze natürlich auch wahnsinnig gut, aber vor allem hat mich dieser Gig in meinem Glauben bestärkt, dass man mit Musik tatsächlich ein bisschen die Welt verändern kann. Sei es auch nur für eine knappe Stunde.

SPARKLING
28.6. / Campusfest / Merseburg
2017 Sparkling live zu sehen ist vielleicht der beste Ersatz dafür, 2005 nicht die Arctic Monkeys live gesehen zu haben und hat außerdem den Vorteil, dass letztere einen wahrscheinlich nicht backstage einladen würden, um noch ein gemeinsames Bier zu verhaften. Damit das jetzt nicht nach Bestechung klingt: Das gute Konzert allein hätte auch schon gereicht. Die dreiköpfige Band aus Köln spielt energischen, scharfkantigen Indierock mit allerlei kleinen schicken Kniffen, aber eben auch genau dieser gewissen Schnodderigkeit, die sonst eigentlich nur Musiker*innen aus England haben. Von allen Künstler*innen, die ich 2017 gesehen habe, schaffte es niemand so wie Sparkling sich selbst abzufeiern und dabei auch noch so unverschämt gut auszusehen. Wiederholungsbedarf allein schon deswegen, weil ich den Jungs theoretisch noch ein Bier schulde.

WALTHER LUFTS KONFLIKT
15.7. / Atari / Leipzig
Und täglich grüßt das Murmeltier: Schon letztes Jahr hatte ich meine Homies von WLK in dieser Liste stehen und ich muss ehrlich sagen, dass sie seitdem nur noch besser geworden sind. Das Set an diesem Abend im Atari besteht größtenteils aus noch unveröffentlichten neuen Songs, die wesentlich stärker in eine Blackgaze-Richtung abdriften und damit in Sachen Atmosphäre und Intensität nochmal einen draufpacken. Vielleicht liegt es daran, dass man keinen Vergleich zur Konserve hat, aber trotz der Tatsache, dass der Sound nicht so optimal ist und die Band nach eigenen Angaben "überhaupt nicht geprobt" hat, sind die Stücke ein einziger Teppich und nochmal geiler als alles von davor. Nach diesem Gig würde ich mir jetzt ja nur noch die neuen Aufnahmen wünschen, aber das ist dann wieder eine ganz andere Geschichte...

SICKER MAN
28.7. / L*Abore Festival / Hauptmannsgrün
Inzwischen weiß ich, dass Sicker Man auch gute Platten machen, aber wenn ich eine Sache empfehlen kann, dann ist das, ein Konzert von ihnen zu besuchen. Die Auftritte des Berliner Trios sind das perfekte Amalgam aus kompositorisch hochwertigen Songs, technischer Expertise und einem bei allen drei Mitgliedern sehr ausgeprägten Show-Gen, das sich vor allem im sachgemäßen Zerlegen ihres Equipments zeigt. Musikalisch versteht es die Band dabei fabelhaft, zuckersüße Pop-Melodien mit ohrenbetäubendem Lärm zu vermengen und man muss dabei nicht von ungefähr an große Acts wie Sonic Youth, My Bloody Valentine oder the XX denken. Zum Glück aber momentan noch drei Nummern kleiner.

PARTOUT PARTOUT
29.7. / L*Abore Festival / Hauptmannsgrün
Mein Faible für die Bands des October Tone-Labels scheint das L*Abore-Festival seit einigen Jahren durchaus zu teilen und nachdem ich in Hauptmannsgrün bereits 2015 einem für mich prägenden Auftritt der großartigen Pauwels beiwohnte, war die Show von Partout Partout diesmal eine ähnlich atemberaubende Angelegenheit. Was dabei tatsächlich am meisten beeidruckt, ist die spielerische Technik der beiden Franzosen und wie sie sich mit ihren Skills gegenseitig die Klinke in die Hand geben. Für Fans von gutem Mathrock ein echtes Brett und für Insider ein bisschen witzig, den Leuten dabei zuzugucken, wie sie vergeblich nach irgendeinem geraden Takt zum Mittanzen suchen. Meine Wenigkeit sieht man im übrigen irgendwo im Internet bei einem Mitschnitt des Konzerts, aber nicht weitersagen.

DER TÄUBLING
29.7. / L*Abore Festival / Hauptmannsgrün
Vielleicht war die Verpflichtung des Täublings für ein Familienfestival wie das L*Abore keine besonders gute Idee, denn obwohl an diesem Nachmittag Kinder im Publikum sind, hält das den Rapper/Poeten aus Leipzig nicht davon ab, trotzdem seine schaurige Show durchzuziehen. Ganz im Gegenteil, deren Anwesenheit stachelt ihn noch extra zu besonders vulgären Ansagen und zum besonders exzessiven Zitronenwerfen an. Wenn man dem Täubling also eins nicht vorwerfen kann, dann ist das künstlerische Konsequenz. Die Show selbst ist in diesem Zusammenhang auch weniger ein tatsächliches Konzert als eine wild gemischte Freakshow aus modernem Theater, Lyrik-Lesung und Fetischparty, aber als solche doch auf eine finstere Weise unterhaltsam. Die Devise ist: Jetzt noch angucken, bevor es alle mitkriegen.

SIGUR RÓS
14.10. / Jahrhunderthalle / Frankfurt am Main
Eines der wenigen Konzerte, über das ich dieses Jahr bereits geschrieben habe, doch nichtsdestotrotz die Nennung in dieser Liste wert. Der Auftritt in der Jahrhunderthalle Frankfurt ist alles, was man als Nicht-Kenner von Sigur Rós erwartet und als Fan der Band erwartet man natürlich nur das Beste. Die Songs klingen fabelhaft, Jónsi entpuppt sich als unglaublich talentierter Sänger und in Sachen Lichtshow sind die Isländer inzwischen ganz und gar im Arena-Rock angekommen. Viel mehr ist nicht zu sagen und die Details gibt es ja in der Ausführlichen Besprechung. Bei Interesse bitte lesen!

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen