Dienstag, 7. Juli 2015

Surprise, Motherfucker!

VINCE STAPLES

Summertime '06

Def Jam
2015
















Wenn dieses Album schon vor seiner Veröffentlichung einen Status inne hatte, dann den des endgültigen Requiems für Odd Future Wolf Gang Kill Them All. Eine traurige Angelegenheit für ein Debüt, aber in diesen sauren Apfel muss Vince Staples jetzt eben beißen, wenn er was daraus machen will. Und dass die Geschichte des Label mit ihm endet, bedeutet gleichzeitig, dass man nochmal gezeigt hat, was man kann. Ein so ambitioniertes Projekt gab es bei denen vorher eigentlich noch nie und damit gerechnet hatte irgendwie auch keiner. Jetzt wo Summertime '06 draußen ist, frage ich mich ehrlich gesagt, wo dieser Typ die ganze Zeit gesteckt hat. Er war immer einer in der letzten Reihe der Gang, der nie wirklich auffiel und den ich als eher weniger talentiert einschätzte. Was man hier jedoch hört, ist ohne Übertreibung eine der besten Platten, die jemals unter der OFWGKTA-Flagge veröffentlicht wurden. Oder hätten veröffentlicht werden können. Denn mit dem Ende des Labels hat sich Vince jetzt einen fetten Deal bei Def Jam besorgt und bekommt nun eben dort die Karriere, die er bei der Wolf Gang nie hatte. Ganz zu seinem und unserem Besten. Denn Summertime '06 tut gut daran, nicht im LoFi-Sumpf seiner Kollegen baden zu gehen, sondern sich mit HQ-Sound und Mainstream-Appeal herauszustellen. Staples ist ein eher konservativer Rapper, und eine konservative Ästhetik steht ihm deshalb tausendmal besser als der ganze Indie-Kram, den er bisher versuchte, zu machen. Tracks wie Lemme Know oder Señorita sind echte Hits, die aber auch nie zu sehr zu bloßem Radio-Futter werden, was auch dem wirklich interessanten Flow von Vince zu verdanken ist. Und mit fast einer Stunde Material zeigt der MC auch, dass er die lange Zeit bis hierher gut genutzt hat. All das braucht er aber auch, um die eine Sache zu tun, die er hier tun muss: Den Ruf des Odd-Future-Sargnagels los werden. Zumindest bei mir hat er das auch geschafft. Am Anfang dachte ich über dieses Album als Überbleibsel eines zerstreuten Mythos, mittlerweile sehe ich es als Sprungbrett. Denn dieser Künstler profitiert ehrlich gesagt davon, nicht mehr im Schatten seiner viel berühmteren Kollegen zu stehen, die sein Talent eh nie so richtig gefördert haben. Und seit er weg von dort ist, geht es mit seiner Karriere ständig bergauf. Die Nachricht am Ende ist also positiv: Für einige ist die Welt ohne Odd Future eine bessere. In dieser kann man zu diesem Zeitpunkt nur alles Gute wünschen, denn Vince Staples ist jetzt an dem Punkt, wo es meistens richtig interessant wird. Ein Erfolg, den man ihm gönnen kann.
8/11

Beste Songs: Norf Norf / Birds & Bees / Get Paid

Nicht mein Fall: 3230

Weiterlesen:
Näheres zum Ende von Odd Future:
zum Wort zum Sonntag

Review zu the Ecology (Fashawn):
zum Review

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