Montag, 27. Juli 2015

Es dröhnt so schön

LOCRIAN
Infinite Dissolution

Relapse
2015
















Mysteriöse Metal-Platten sind wieder stark im Jahr 2015. Schon seit Anfang Mai türmen sich großartige Releases in diesem Blog und wahrscheinlich wird auch am Ende dieses Monats wieder ein Vertreter dieses Genres an der Spitze der Auserwählten stehen. Und es ist noch nicht völlig ausgeschlossen, dass ich damit Locrian meinen könnte. Denn so schon Mystery-dronig, eiskalt metallisch und bombastisch klar wie ihr neues Album geworden ist, haben sie ihren Status als einer der heißen Tipps in diesem Sommer eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Und zwar mit einer der vielleicht interessantesten Genre-Platten des Jahres. Die Band aus Chicago war schon immer dafür bekannt, ihre vielen tausend Spielarten gerne unter ganz neuen Vorzeichen zu verkaufen. So war ihre letzte LP Return to Aniihilation von 2013 eigentlich eher ein Ambient-Konstrukt mit Metal-Einflüssen als andersherum. Dieses heitere Begrifferaten geht auch mit Infinite Dissolution weiter, das konservative Szene-Nerds an den Rand des Wahnsinns treiben dürfte. Zwischen Doom, Drone, Industrial, Ambient, Black Metal und Progressive Rock breiten sich Locrian hier wieder so weit wie möglich in alle Richtungen aus und kombinieren Stile, bis der Arzt kommt. Noch immer sind dabei dick aufgetragene Drones das A und O der Komposition, mit denen sie auf dieser Platte auch brillieren wie nie zuvor. In Tracks wie KXL I oder the Future of Death bringen sie die Kunst des Dröhnens auf ein wahrhaft neues Level. Indem sie den Gitarren-Boost hier nicht mit LoFi-Dreck zuspachteln wie viele andere Bands entsteht ein glasklarer Klang, den man so selten zuvor gehört hat. Das ganze noch versetzt mit klassischen Elementen wie Glockenspiel und Piano-Akkorden, und der kleine Geniestreich ist perfekt. Auch die Art, wie auf diesem Album mit Vocals umgegangen wird, ist äußerst clever. Die Screamo-Passagen von Sänger André Foisy werden hier teilweise so verfremdet, dass sie wie ein Instrument wirken und sich wie eine zweite Haut über den Song legen. An diesen Stellen ist Infinite Dissolution ohne Frage ein Geniestreich. Allerdings gibt es hier auch Momente, in denen man sich doch etwas weniger Risikobereitschaft gewünscht hätte. Das ist vor allem bei den seichten Progrock-Gitarren wie in Heavy Water der Fall, die zu vielen der Songs einfach nicht passen wollen. Auch der Industrial-Einschlag funktioniert mal mehr und mal weniger gut. Locrian beweisen also nicht bei allen Dingen ein goldenes Händchen. Im großen und ganzen schaffen es diese Schusseleien aber nicht, hier das komplette Album zu versauen, sondern bleiben bestenfalls mittelgroße Schönheitsfehler. Den Eindruck, dass wir es hier mit einer wahnsinnig talentierten Band zu tun haben, trüben sie nicht. Qualitätsarbeit erkennt man, wenn man sie hört.
8/11

Beste Songs: Arc of Extinction / KXL I / KXL II / the Great Dying

Nicht mein Fall: Dark Shales / Heavy Water

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