Mittwoch, 21. Februar 2018

This Modern Glitch




















Bis vor kurzem hätte ich es ehrlich gesagt für ziemlich unmöglich gehalten, im Jahr 2018 nochmal eine Besprechung über die Wombats zu schreiben. Sicher, die Band aus Liverpool war auch für mich mal einer der prägenden coolen Acts, als ich vor etwa zehn Jahren anfing, zum ersten Mal ernsthaft Indiemusik zu hören, doch waren sie auch einer von denen, die sich seitdem extrem schnell abgenutzt haben. Der Sound, den damals Platten wie A Guide to Love, Loss & Desperation und This Modern Glitch hatten war eine Art von Popmusik, die nur in jenem kurzen Zeitfenster funktionierte, in dem sie tatsächlich erschien. Wenn ich mir heute Tracks wie Tokyo, 1996 oder Techno Fan anhöre, sind die zwar immer noch witzig und irgendwie cool, aber auch alles andere als gut gealtert. Und dass eine solche Band dann viele Jahre später Schwierigkeiten hat, sich von diesem Image zu lösen, liegt auf der Hand. Bei den Wombats war es diesbezüglich besonders hart. Nach dem damals gigantischen und total omnipräsenten This Modern Glitch von 2011 verschwanden die Briten ganze vier Jahre komplett von der Bildfläche, in denen sich die musikalische Landschaft im Pop mehr oder weniger komplett veränderte. Als sie vor drei Jahren dann doch noch ihr drittes Album Glitterbug veröffentlichten, klangen sie wie eine Band, die komplett passiv geworden war. Ihr Songwriting mimte darauf die Ästhetik zeitgenössischer Popmusik von Leuten wie Taylor Swift, den Chainsmokers oder Calvin Harris, hatte aber so gut wie alle Eigenheiten verloren, die ihre Musik ursprünglich so cool gemacht hatte. Es war der Versuch, die verpasste Zeit aufzuholen und irgendwie stilistisch anzuschließen, endete aber in einem völlig blutleeren, peinlichen Album für die Wombats. Und nachdem ich das einmal gehört hatte, waren meine Hoffnungen für Beautiful People Will Ruin Your Life logischerweise eher niedrig. Doch so wie es aussieht, scheinen die Briten die Versäumnisse vom letzten Mal hier schleunigst bereinigen zu wollen. Mit gerade mal drei Jahren Abstand zum Vorgänger ist die neue LP die bisher schnellste in ihrer Diskografie und klingt dabei trotzdem wieder erfrischend nach ihnen selbst. Sicher hat die Band einige kompositorische Elemente vom letzten Mal übernommen, ohne die das ganze auch gar nicht funktionieren würde, doch das, was die Wombats einst ausmachte, ist hier ebenfalls zurück. Insbesondere gilt das für Matthew Murphs sehr naive und metaphorische Lyrics, die schon immer das beste an seinen Songs waren und die hier mir Zeilen wie "you could give an aspirine the headache of its life" hier definitiv wieder deftig sitzen. Allerdings ist es die musikalische Seite dieser Platte, wo die Dinge wirklich interessant werden. Nach dem schwachen Glitterbug haben die Briten ihren Sound hier mehr oder weniger völlig neu konzipiert und klingen dabei spannender denn je. Seit ihrem Debüt gab es nicht mehr so viele Gitarren auf einem Wombats-Album und noch nie klang das ganze so vielseitig. Der Opener Cheetah Tongue ist ein leicht psychedelischer Hitsong, Lethal Combination ist das 2018-er Update des alten Hits Anti-D, Ice Cream klingt fast ein bisschen nach Oasis und der Rausschmeißer I Don't Know Why I Like You But I Do bindet sogar Shoegaze-Elemente ein. Dass dabei nicht jeder Song komplett ins Schwarze trifft, kann man ihnen dann gar nicht mehr übel nehmen, haben sie sich doch wenigstens in Sachen Kreativität selbst übertroffen. Und überhaupt stehen die drei Briten hier wieder ziemlich solide da: Beautiful People hat potenzielle Hits und holt mit seinen Texten die Fans von damals ab, präsentiert aber auch eine wesentlich reifere Band, die klanglich so sehr ins Jahr 2018 passt wie ein Dieselskandal. Wenn man mich fragt, ist diese LP das wahre Comeback der Wombats, auch wenn ihm diese Rolle sicherlich wenige zugestehen wollen. Denn ganz ehrlich, wer hört denn heutzutage bitteschön noch sowas?






Persönliche Highlights: Cheetah Tongue / Lemon to A Knife Fight / Black Flamingo / Lethal Combination / I Only Wear Black / I Don't Know Why I Like You But I Do

Nicht mein Fall: Out of My Head

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