Sonntag, 1. September 2024

Die Wochenschau (26.08.-01.09.2024): King Gizzard & the Lizard Wizard, 파란노을 / Parannoul, Logic und und und...

 




파란노을 / PARANNOUL
Sky Hundred
Poclanos

Von den vielen Platten, die Parannoul seit ihrem viralen Durchbruchs-Album To See the Next Part of the Dream von 2021 inzwischen veröffentlicht haben, fühlt sich Sky Hundred auf jeden Fall am meisten wie ein ideeller Nachfolger davon an. Statt instrumentaler Ausweitung, klanglicher Politur oder irgendwelchem Kollabo-Quatsch ist das hier größtenteils ein Album, das die bewährten Moves wiederholt, die schon vor drei Jahren geklappt haben: Emo-Shoegaze-Post-Dreampop mit gigantischen Melodiebögen und großer Dramatik, emotional auf Vollgas gehalten und mit einer Produktion, die trotzdem in jeden Proberaum passt. Fazit des ganzen: Auch in dieser Herangehensweise findet sich nicht die Lösung der Probleme, die Parannoul seit To See the Next Part of the Dream haben. Die zehn Songs klingen in ihrem Maximalismus oft zu undynamisch und fast monoton, der roughe Sound nicht mehr sympathisch nach Überzeugung-Indie, sondern verwaschen und breiig. Und wenn selbst das vierzehnminütige Evoke Me als Zentrum der Platte letztendlich nur in der ganzen Überreizung versandet, kann das nicht der richtige Weg sein. Womit sich vielleicht wirklich bewahrheitet hat, was ich schon 2021 prophezeihte: Der Sound von Parannoul ist womöglich eine Sensation, die auf diese Weise nur dieses eine Mal funktioniert hat und ansonsten zum Scheitern verurteilt ist. Und zumindest sind inzwischen genügend Platten erschienen, die mich potenziell vom Gegenteil hätten überzeugen können.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠 06/11




KING GIZZARD & THE LIZARD WIZARD
Flight b741
p(doom)

Immer wenn man meint, King Gizzard & the Lizard Wizard hätten sich mal wieder in der quantitativen Überperformance verheddert und würden eigentlich bloß noch nerven, machen sie irgendwie doch wieder eine dieser grenzgenialen Platten, die einen über die nächsten zwei Jahre experimentelle Mittelmäßigkeit rettet. Omnium Gatherum war 2022 die letzte davon, Flight b741 scheint die neueste zu sein. Stilistisch frönen die Australier darauf weiter ihrem Faible für kauzigen Boogie-Rock, den sie auf die ein oder andere Weise schon seit Fishing for Fishies von 2019 machen, der hier aber in seiner bisher tightesten Variante aufbereitet wird. Flight b741 hat die Groovigkeit und den Soul von Creedence Clearwater Revival, ist allerdings tausendmal heiterer und alberner, was der Sache immens gut tut. Einen kleinen Abstrich gibt es von meiner Seite wie fast immer für die Lyrics der Band, grundsätzlich kann man aber sagen, dass sie hier eines ihrer erfrischenderen Alben der letzten paar Jahre gemacht haben.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11





AND SO I WATCH YOU FROM AFAR
Megafauna
Velocity | Pelagic

Es gab eine Zeit, da waren And So I Watch You From Afar aus Belfast für mich eine der spannendsten Rockbands des gesamten Planeten und noch immer würde ich sagen, dass das zumindest auf ihre erste Karrierephase zwischen dem selbstbetitelten Debüt 2009 und ihrer vierten LP Heirs von 2015 zutrifft. Dieser folgte spätestens nach dem ziemlich vergurkten the Endless Shimmering zwei Jahre später eine ganz schön ernüchternde Kater-Periode, die sich in tragisch mittelmäßigen bis dürftigen Platten und viel Platz dazwischen äußerte. Ihre neueste LP Megafauna haben die Nordiren nun während der Pandemie zusammengebastelt und zeigen darauf endlich wieder deutliche Anzeichen der Besserung. Wobei es wider erwarten nicht die Rückkehr der zappeligen Math-Gewitter ist, die ASIWYFA retten, sondern wie sie den Raum dazwischen ausgestalten: Mit herrlich plätschernden, fast jazzigen und instrumental wunderbar detailreichen Intermezzi, die fast schon in Richtung Midwest Emo gehen. Damit bauen sie besonders in Songs wie den beiden Mother Belfast-Stücken tolle Dynamiken und sind immer dann am besten, wenn die Tracks am längsten und komplett instrumental sind. Und am Ende ist das strukturell gar nicht so innovativ wie es scheint, denn die stärksten Momente von ASIWYFA waren eh schon immer die, in denen sie neue Stlistiken ausprobierten, statt stillzustehen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11





LOGIC
Ultra 85
BMG

 
 
 
 
 
 
 
 
Für Fans von Logic ist Ultra 85 anscheinend das Album, auf das alles seit Jahren wartet und von dem lange nicht sicher war, ob es sich irgendwann tatsächlich materialisieren würde. Für alle anderen (also zumindest für mich) ist es ein weiteres ziemlich überladenes und selbstgefälliges Stück Hiphop-Nerdismus, mit dem der Rapper sich nicht wirklich einen gefallen tut. Nachdem seine Platten in den letzten Jahren zumindest einen gewissen Grad an inhaltlicher Reife vorweisen konnten, klingt Ultra 85 jetzt wieder wie die Arbeit eines - technisch zugegebenermaßen äußerst talentierten - geekigen Teenagers, der sich selbst für ein bisschen zu clever hält. Dabei vereint es die ungelenkte Introspektive eines Everybody mit der verqueren Konzeptualität von the Incredible True Story, inklusiver dämlicher Raumschiff-Dialoge und Kendrick Lamar-Kopismus. Was es alles in allem zu einem Rückschritt in sehr konkreten Maßstäben macht, mit dem Logic die schlimmsten Eigenschaften seiner Frühphase wiederbelebt.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠 06/11





WISHY
Triple Seven
Winspear

Keine Ahnung, ob man das, was Wishy gerade haben, überhaupt noch einen Hype nennen kann, kommt der große Zuspruch für sie doch hauptsächlich aus Richtung altforderer Printmedien, die über tatsächliche Empfinden einer tatsächlichen Stimmung wenig zu sagen haben. Doch kann man zumindest sagen, dass sie in diesem Fall nicht den schlechtesten Riecher hatten. Denn obwohl der nostalgische Neunziger-Dreampop der Band aus Indianapolis kein bisschen originell ist, fügt er sich auf dem Debüt der Band doch gut in das aktuelle Genre-Revival und sorgt für ein echtes Highlight. Insbesondere Songs wie Honey und Just Like Sunday haben zumindest das Potenzial, sich in viralen Playlisten der Generation Z niederzuschlagen und abgesehen von allen Trends ist Triple Seven ganz klar ein echt gutes Album. Warum also nicht mal eine Empfehlung der alten Schule annehmen?

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11






DJ SABRINA THE TEENAGE DJ
Hex
Spells On the Telly

Zu meiner Verteidigung: Ich hatte schon viel früher damit gerechnet, dem musikalischen Prinzip von DJ Sabrina überdrüssig zu werden als es jetzt der Fall gewesen ist. Vor allem gemessen daran, in welchen Größenordnungen sie immer auf einen zukommt. Sich mindestens einmal im Jahr ein drei- bis vierstündiges Album zu geben, auf dem mehr oder weniger das gleiche passiert wie auf den dreien davor, ist ein Rezept für totale Überreizung und eigentlich bin ich selbst erstaunt davon, wie lange ich das cool fand. Hex ist jetzt dennoch der Punkt, an dem sich DJ Sabrina fürs erste entzaubert hat. Dabei ist die Platte mit 122 Minuten sogar eine verhältnismäßig kurze und eine, die mit zahlreichn neuen Versatzstücken zwischendurch zumindest versucht, die Formel aufzubrechen. Auf Platten wie the Other Realm hatte das ja schonmal ganz gut funktioniert und sorgte dafür, den endlosen Loop ihrer Songs nochmal ordentlich aufzufrischen. Auch die Wirksamkeit dieses Tricks scheint aber mittlerweile aufgebraucht, denn Hex klingt vom ersten Ton an wie eine schon viel zu oft gehörte Leier, die mit zunehmender Länge nicht eben spannender wird. Ich schließe es dabei nicht aus, dass DJ Sabrina die Kurve mit einem zukünftigen Album nochmal kriegt, denn auch das habe ich bei ihr schon erlebt, fürs erste bin ich aber erstmal etwas übersättigt davon.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠 06/11




BEABADOOBEE
This is How Tomorrow Moves
Dirty Hit

Unter den Protagonistinnen der Indierock-Bewegung Ende der Zwotausendzehner war Beabadoobee schon immer diejenige, der ich die größten Chancen für einen erfolgreichen Mainstream-Crossover anrechnete, weil sie in Sound und Produktion ganz einfach am gefälligsten Klang. Dieses Jahr bewahrheitete sich diese Tendenz dann nicht nur dadurch, dass sie im Vorprogramm der 'Eras'-Tour von Taylor Swift stattfand, sondern auch durch dieses neue Album von ihr, in dem sie quasi vollumfänglich eine Pop-Künstlerin wird. Mehr als an Snail Mail oder Soccer Mommy erinnert sie diesmal an die jüngeren Sachen von Billie Eilish, Ed Sheeran oder eben ihre jüngste Gönnerin Swift, was einige Fans ihrer rockigeren frühen Alben natürlich doof finden. Und auch ich finde es zwar ein bisschen schade, dass es auf This is How Tomorrow Moves so viele Balladen gibt, prinzipiell ist das Ergebnis aber erwartbar gut. Denn wie gesagt, in Beabadoobee steckte schon früh eine gute Pop-Künstlerin und in vielen Punkten empfinde ich dieses Album eher als Erfüllung einer kreativen Entwicklung denn als Abdriften. Ganz davon abgesehen ist die Britin hier als Texterin nochmal viel besser geworden und wird durch die größere Gefälligkeit deshalb nicht gleich belanglos. Weshalb sie hier zumindest als bessere Alternative für alles durchgeht, was Billie Eilish zurzeit macht und für mich sogar als echte Empfehlung für alle, die im aktuellen Mainstream noch neue Gesichter suchen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11




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