Sonntag, 15. September 2024

Die Wochenschau (09.09.-15.09.2024): Fontaines D.C., Magdalena Bay, Zeal & Ardor, Mura Masa und und und...

 
 
 
 
 
 
ZEAL & ARDOR
Greif
Redacted

Eins muss man Zeal & Ardor echt zugestehen: Langweilig werden sie nie und schaffen es ständig, sich für ihre Musik neue Sachen einfallen zu lassen. Angefangen als Crossover von Black Metal und Gospel fügte bisher jedes ihrer Alben diesem Konzept neue Facetten hinzu und mittlerweile kann man gar nicht mehr zwingend zuordnen, zu welcher spezifischen Stilistik beispielsweise das gepfiffene Intro von the Bird, the Lion & the Wildkin oder das Gitarrenmotiv in Sugarcoat gehören. Und wo das auf dem Vorgänger, der kompositorisch sehr ähnlich war, noch eher chaotisch und verwirrend wirkte, schafft Greif es jetzt besser, diese Elemente alle in einem geschlossenen Sound zu kombinieren und besagten Monogenre-Effekt zu erzeugen. Wodurch Zeal & Ardor weniger denn je nach einer Mischung aus Einflüssen klingen, sondern mehr und mehr nach einem songwriterischen und klanglichen Charakter, der ihnen komplett zu eigen ist. Das als Band zu schaffen, ist nie ein leichter Schritt und zeugt von der Kreativität dieses Projekts. Ob mir diese Stilistik dann unbedingt gefällt, steht nochmal auf einem anderen Blatt und kann von mir an dieser Stelle auch nur mit einem ausweichenden "mal ja, mal nein" beantwortet werden. Obwohl ich mit dem Gesamtergebnis hier schon wesentlich zufrieder bin als beim Vorgänger.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11




MURA MASA
Curve 1
Pond
 
Den Nimbus des heißen Newcomers hat Mura Masa ja inzwischen seit ein paar Jahren abgestreift und ist nach langer, stiller Stilfindung auch in einem Modus angekommen, in dem er recht regelmäßig veröffentlicht. Curve 1 ist trotzdem seine umfangreichste LP seit dem Debüt von 2017, was nicht so schwer ist, wenn die letzten beiden Platten jeweils keine 40 Minuten auf die Uhr brachten. Musikalisch geht er hier den Weg des Vorgängers Demon Time weiter, klebt sich auf diesem aber nicht mehr so offensichtlich an Trends und findet eine gute Mitte zwischen den Welten des Electronica und Pop. Das macht Curve 1 nicht unbedingt zu einer seiner spannendsten Platten, sondern eher zu einem guten Weiterdenken seiner bisherigen Entwicklung. Innerhalb dieser Erwartungen hält er aber auch absolut das starke Niveau seiner Vorgänger.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11






FONTAINES D.C.
Romance
XL Recordings

 
 
 
 
 
 
 
 
Schon nach den letzten beiden Alben hatte ich eigentlich gedacht, dass Fontaines D.C. über kurz oder lang wohl im Ferner Liefen der Postpunk-Landschaft versacken würden, bisher halten sie sich aber echt wacker. Mehr noch, Romance hat in diesem Spätsommer einen Hype ausgelöst, der nochmal größer ist als der um ihr Debüt vor fünf Jahren und fühlt sich gerade wie ihr vollumfänglicher Durchbruch an. Darüber, woran das liegt, kann man nur mutmaßen, denn anders als ihr vorheriges Zeug klingt Romance nicht wirklich. Sicher, die Band hat optisch einen Gen-Z-tauglichen Imagewechsel vollzogen und das Soloalbum von Sänger Grian Chatten aus dem letzten Jahr hat hier deutliche Spuren hinterlassen, in allen wesentlichen Punkten sind die Iren aber nach wie vor die gleichen. Ganz davon unabhängig kann ich aber sagen, dass Romance mich jetzt wieder ein bisschen mehr überzeugt als die letzten Platten von Fontaines D.C. und ich das ganze Tamtam um dieses Album zumindest nicht unverdient finde.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11





GENEVA JACUZZI
Triple Fire
Dais

Geneva Jacuzzi hatte ich im Laufe dieses Jahres irgendwann wegen zweier richtig starker Platten namens Lamaze und Zombie Sharkives Vol. 1 aufgeschnappt, die sie vor inzwischen mehr als einem Jahrzehnt herausbrachte und war seitdem richtig gespannt, auch mal ein aktuelles Album von ihr zu hören. Mit Triple Fire ist das jetzt erschienen und tatsächlich so gut, wie ich gehofft hatte. Die Kalifornierin ist eine dieser Künstler*innen, die schon immer für ein richtig gutes Achtziger-Synthpop-Pastiche zu haben war und auch die neue Platte macht das prinzipiell wieder echt stark. Aus Songs wie Laps of Luxury, Dry oder Scene Ballerina hört man Depeche Mode, Soft Cell und the Human League, aber auch Kraftwerk oder Madonna heraus und alles hat generell eine sehr New Wave-behaftete Aura. Das ist schon ziemlich cool, kann man aber auch bei anderen hören. Speziell wird Triple Fire aber erst dann, wenn Geneva Jacuzzi dieses Ausgangsmaterial nutzt, um mit der Poppigkeit der Songs zu brechen und die hartkantigen Synths und Drum-Patterns sich immer mehr verstolpern und eine gewisse Kunstigkeit schaffen. Und klar geht das dann manchmal auf Kosten der Eingängigkeit einiger potenziell sehr eingängiger Songs, in meinen Augen ist es das Experiment aber wert. Weil sie so etwas schafft, das mehr ist als bloßer Retro-Kitsch.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11




UMBERTO
Black Bile
Thrill Jockey

Auch Matt Hill alias Umberto kenne ich schon von einem früheren Album aus den Zwotausendzehnern, da machte dieser aber noch psychedelischen Grusel-Synth mit Italo-Touch. Inzwischen ist der Kalifornier bei Thrill Jockey zuhause und auf sphärische Ambient-Sounds umgestiegen. Das ist aber gar nicht schlimm, weil ich ihm dafür tatsächlich ein noch größeres Händchen zuschreiben würde, beziehungsweise ist zumindest dieses Album echt nicht verkehrt. Hill versteht es, seine Kompositionen sehr minimalistisch zu halten, darin aber eine ansehnliche instrumentale Vielfalt einzubauen und so nie langweilig zu werden. Was diese Platte trotz ihrer kurzen Spielzeit angenehm immersiv macht.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11






MAGDALENA BAY
Imaginal Disk
Mom + Pop

Mit ihrem Durchbruchs-Debüt Mercurial World von 2021 hatte ich Magdalena Bay noch nicht wirklich auf dem Schirm, beziehungsweise tat ich sie da als flüchtigen Hype ab, der sich ziemlich schnell abnutzen würde. Drei Jahre später ist der Nachfolger der zwei Kalifornier da und überzeugt mich doch noch vom Gegenteil. Vor allem deshalb, weil die Band hier nochmal entscheidend an ihrem Sound schraubt und eine sehr viel zugänglichere und klarere Version ihrer selbst präsentiert. Imaginal Dick braucht für die Bezeichnung Pop keinen Präfix mehr und schreibt eingängige Songs, die das gesamte Spektrum von Disco bis Glitch abadecken. Und besonders bei einer Künstlerin, die ebenfalls für eine chamäleonhafte und klanglich ebenso klare wie wechselbare Ästhetik steht, scheinen Magdalena Bay sich besonders viel abgeschaut zu haben: Kylie Minogue. Was für mich als jemand, der ihren Output schon lange für eines der wichtigsten Popstar-Gesamtwerke der letzten 40 Jahre hält, natürlich einen Nerv trifft. Auch wenn ich sagen muss, dass ihr Einfluss hier manchmal ein ziemliches Übergewicht hat. Daran, dass Songs wie Cry for Me oder Death & Romance mich immens überzeugt haben und auch Imaginal Disk als Gesamtpaket ziemlich gut hinhaut, ändert das aber nichts.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11




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