Donnerstag, 19. September 2024

Review: Vitamin Blues

JOHN MAYALL
ERIC CLAPTON
Blues Breakers
Decca
1966













[ prominent | rockig | verspielt ]

Wenn man eine Sache aus heutiger Sicht als die größte Leistung von John Mayall für die Geschichte der Popmusik definieren müsste, dann wäre es sicherlich seine Funktion als Networking-Talent und Schaltzentrale für die ganz großen Legenden des Classic Rock. Sicher, nebenbei ist er quasi der Taufpate des britischen Blues und damit ein wichtiger Impulsgeber für alles, was später Hardrock, Acid Rock und Heavy Metal werden würde, aber wäre er nicht so ein guter Strippenzieher gewesen, hätte es die besten Bands aus deren Glanzzeit vielleicht nicht gegeben. In der inzestuösen Jeder-kennt-jeden-Szene von London in den mittleren Sechzigern war er jemand, der junge Talente einander vorstellte und Bands gründete, in denen die sich an klassischem Material erprobten, bevor sie später ihre eigenen legendären Formationen gründeten. Eine Verbandelung, die sich vielleicht an keinem Album so gut feststellen lässt wie an der (quasi) ersten Bluesbreakers-LP von 1966. Denn von den vier jungen Herren, die man hier auf dem Cover sieht, sollte in den nächsten Jahren die Zukunft der Rockmusik ausgehen. Wobei einen davon (neben Mayall selbst) gleich besagtes Cover selbst spoilert: Eric Clapton. Der war im Jahr zuvor bei den Yardbirds rausgeflogen und hatte sich da schon einen Namen als einer der begnadesten Gittaristen der britischen Szene gemacht. Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme war er vermutlich das prominenteste Mitglied des Gespanns, was wahrscheinlich der Grund ist, warum er hier extra auf dem Cover steht. Doch auch ein weiterer Teil der Bluesbreakers sollte nach diesem Album nicht lange brauchen, auf eigenen Füßen zu stehen und eine der wichtigsten Bands der Popgeschichte zu prägen: John McVie. Letzter Mann im Bund ist schlussendlich Hughie Flint, der seinen Legendenstatus zumindest in der hartgesottenen Blueser-Szene in Großbritannien aufrecht erhält. Von dieser LP ausgehend könnte man also rückblickend die Fäden zu so großen Bands wie Blind Faith, Cream und Fleetwood Mac ziehen. Wobei besonders letztere ohne die Bluesbreakers wahrscheinlich nicht existiert hätten, waren doch zu späteren Zeitpunkten neben McVie auch Peter Green und Mick Fleetwood selbst Teil des Lineups. Aber was davon hört man letztenlich auf diesem Album? Die Antwort ist im positiven wie im negativen Sinne: einen Prototypen. Zumindest in Bezug auf das, was kurze Zeit später als "British Blues" die Runde machen würde. Die Bluesbreakers sind keine glatten Kopisten des amerikanischen Sounds, aber orientieren sich daran wesentlich klarer als die Rolling Stones oder Yardbirds, die Blues eher als stilistische Färbung einbezogen. Und das bedeutet in mancherlei Hinsicht eben auch, dass sie der theoretisch mieseste gemeinsame Nenner aus beidem sind. Auf der einen Seite hat ihr Ansatz eine gewisse Steife an sich und ihm fehlt der nonchalante Swagger, den ein Muddy Waters oder Sonny Boy Williamson mitbringt. Auf der anderen ist er weniger eigenständig als die Varianten vorheriger britischer Bands und einfach nur ein etwas abgeschwächter Cousin des amerikanischen Blues. Ein starkes Album ist dieses Debüt trotzdem, das vor allem songwriterisch zeigt, was dieses Team sich von den Vorbildern aus den USA richtig abgeschaut hat. Es ist ja eine Sache, einfach einschlägige Nummern von denen nachzuspielen und eine völlig andere, auch selbst Songs in dieser Ästhetik zu schreiben. Noch dazu welche, die auch gut sind. Und das können Mayall, Clapton, McVie und Flint durchaus. Klar sollten so gut wie alle hier beteiligten Künstler in der Zukunft Wege finden, die diese Art von Musik nochmal besser und/oder kreativer angehen würden, als Startpunkt ist diese Platte aber schonmal gar nicht schlecht.Weshalb sie nicht nur aufgrund des hier beteiligten Personals und deren guten Verbindungen stark ist, sondern auch ganz und gar für sich.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11


Persönliche Höhepunkte
Little Girl | Another Man | What I'd Say | Parchment Farm | Ramblin' On My Mind

Nicht mein Fall
All Your Love


Hat was von
Fleetwood Mac
Peter Green's Fleetwood Mac

the Paul Butterfield Blues Band
the Paul Butterfield Blues Band


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