Dienstag, 1. August 2023

Die Wochenschau (22.07.-31.07.2023): Blur, Nas, Disclosure, Soundgarden und und und...



 

 
 
 
 
Conway the Machine - Conway the Machine Presents: Drumwork the AlbumCONWAY THE MACHINE
Conway the Machine Presents: Drumwork the Album
Drumwork


Ungefähr drei Jahre doktert Chefingenieur Conway the Machine nun schon an seinem eigenen Label-Ableger Drumwork herum, dem er mit dieser LP erstmals eine Art umfassendes Mission Statement spendiert, auf dem sich alle wichtigen Acts unter seiner Führung die Klinke in die Hand geben. Er selbst tritt dabei vornehmlich als Kurator auf und nimmt sich performativ zurück, was der Platte auf angenehme Weise den Anstrich einer Gruppenleistung gibt, die nur für die bessere Vermarktung Conways nahmen aufs Cover druckt. Ein bisschen fühlt sich das Ganze dann auch an wie das erste offizielle Griselda-Album von 2019, nur dass Drumwork diesmal nicht die Hilfe von haufenweise Oldschool-Prominenz brauchen, um ziemlich überzeugend zu sein. Gerade lyrisch gesehen performen so gut wie alle beteiligten MCs hier auf höchstem Level und zeigen sich als Crew mit mächtig Potenzial, wobei ein weiteres Mal vor allem ein Name ganz besonders heraussticht: 7xvethegenius. Schon auf ein paar Griselda-Platten aus den letzten Jahren war die New Yorkerin ein Hingucker, ein sehr mittelmäßiges Album in diesem Frühjahr dämpfte meine Erwartungen an sie aber doch wieder. Hier ist sie als offensichtlicher Shooting Star des Labels auf gut der Hälfte der Tracks vertreten und hat praktisch in jedem davon auch den besten Part. Wenn man diese LP also für eine Sache unbedingt hören sollte, dann wegen ihrer Beteiligung. Auch aus dem Grund, weil Drumwork ansonsten nicht wirklich viel anders und besser macht als die meisten aktuelleren Griselda-Platten und gerade musikalisch ab und zu auch echt gewöhnlich wird. Sie funktioniert gut als Talentforum für ein paar Rapper*innen, die in den nächsten Jahren interessant werden können und hier schon durchweg gut abliefern, als Gesamtergebnis ist das hier aber erstmal eher ziemlich okay.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11




Disclosure - AlchemyDISCLOSURE
Alchemy
Apollo | AWAL

Als Disclosure vor mittlerweile zehn Jahren ihr gefeiertes Debüt veröffentlichten, gehörten sie zu den ersten, die das Revival des Deep House in den Mainstrem brachten. 2023 sind mittlerweile alle möglichen Künstler*innen, inklusive Schwegewichten wie Drake und Beyoncé auf den Zug aufgesprungen und das Thema damit fast schon wieder ausgelutscht. Die beiden Briten jedoch haben die Zeit seit Settle weiterhin an ihrem Sound gefeilt und sind allein schon deshalb eine Band, der man nach wie vor dabei zuhören will, wie sie die Sounds der späten Achtziger und frühen Neunziger ins Gewand zeitgenössischer Popmusik transferieren. Schon ihr letztes Album Energy von 2020 setzte dahingehend ein Zeichen, der Nachfolger Alchemy ist drei Jahre später nicht mehr ganz so fetzig und physisch, aber dafür durchweg das feingeistigere Gesamtwerk. Praktisch jeder der elf Songs auf dieser LP steckt voller Details und ist vor allem grandios produziert, wobei mich vor allem die subtilen Daft Punk-Einflüsse in den Vocals nachhaltig faszinieren. Und wo Disclosure damit vielleicht nicht mehr unbedingt Streamingrekorde brechen werden und selbst dem Club ein bisschen den Rücken kehren, ist das hier doch keinesfalls eine Abkehr von ihren Idealen. Am ehesten vielleicht eine Bewusstwerdung, dass sie die üblichen Vermarktungsvehikel für ihr künstlerisches Selbstverständnis nicht mehr brauchen. 

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11





Various Artists - Superunknown (Redux)Superunknown Redux
Best of Soundgarden Redux
Magnetic Eye Records


Various Artists - Best of Soundgarden (Redux)Sechs Jahre nach dem Tod von Chris Cornell ist 2023 ein ebensoguter Zeitpunkt wie jeder andere, um auf einem umfangreichen Tribute-Release dem musikalischen Impact von Soundgarden zu huldigen, weshalb das New Yorker Label Magnetic Eye sich auch nicht Lumpen lässt und gleich zwei sehr ausgedehnte Platten mit neu interpretiertem Material der Grunge-Legenden intonieren lässt. Eines widmet sich dabei ausschließlich dem Bandklassiker Superunknown von 1994, der vollständig und in unveränderter Reihenfolge gecovert wird, das andere einer Auswahl von weiteren Songs, denen es freimütig das Etikett "Best Of Soundgarden" verpasst. Auf beiden Platten sind dabei größtenteils relativ junge Acts aus dem Stoner- und Doom-Bereich vertreten, für die Magnetic Eye im wesentlichen bekannt ist, ein paar (zumindest in Szenekreisen) bekanntere Namen wie Ufomammut, Witch Mountain oder Marissa Nadler sind aber auch dabei. Highlight ist für mich dabei auf jeden Fall die Best Of-Platte, da sie sich in ihren Interpretationen tatsächlich an einer Stonerrock-Umarbeitung der Ästhetik von Soundgarden versucht, die in den meisten Fällen richtig gut funktioniert. So gut wie alle beiteiligen Bands lassen ihre eigenen Ideen in die entsprechenden Interpretationen einfließen und klingen nicht selten sogar einen Ticken cooler als die häufig etwas krampfigen Originale (gerade was die Tracks von Badmotorfinger angeht). Das ist fantastisch, macht es in meinen Augen aber umso erstaunlicher, wie uninspiriert an vielen Stellen die Bearbeitungen auf dem dazugehörigen Superunknown-Tribute sind. Denn hier ist das Konzept von der Sache her ähnlich, oft sind die Versionen hier aber wesentlich dröger und schwerfälliger. Ein gutes Beispiel dafür ist noch die von Ufomammut intonierte Version des Openers Let Me Drown, die sich bewusst gegen das Tempo des Originals entscheidet und den Bombast des Riffs eher in eine dampfwalzende Doom-Ästhetik ummünzt oder der melancholische Closer Like Suicide von Darkher, der im Angesicht des Freitods von Chris Cornell natürlich nochmal anders schwer wirkt, fast alles danach tötet aber jegliche Dynamik ab und macht sogar in der Ursprungsversion dürftige Tracks wie Spoonman oder My Wave noch ein Stück langweiliger. Zu beiden Platten abschließend noch jeweils eine Kritik und ein Kompliment: Toll und in vielen Momenten sogar beeindruckend ist, wie souverän viele der eingesetzten Musiker der gesanglichen Vielseitigkeit eines Chris Cornell begegnen, an dessen stimmlicher Größe sich schon ganz andere die Zähne ausgebissen haben. Nicht so toll ist, dass beide Platten mit jeweils über 80 Minuten Spieldauer schon ordentlich an meiner Geduld gekratzt haben und viele Songs etwas unnötig in die Länge gezogen werden. Mit letzterem muss man aber wahrscheinlich rechnen, wenn man eine ganze Horde Doomrocker an dieses Material lässt:

Superunknown Redux:
🔴🔴🔴🟠🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 06/11
Best of Soundgarden Redux:
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11






BLUR
the Ballad of Darren
Parlophone


Es gab in meinen Augen seit der Jahrtausendwende wenige so glanzlos verkackte Comeback-Versuche wie das der Britpop-Legenden Blur 2015 mit dem endlos langweiligen the Magic Whip. Und wäre es nach mir gegangen, hätte die Band diese Vollkatastrophe von einem Album als Anlass genommen, von jetzt an vorsichtshalber auf neues Material zu verzichten und es dabei zu belassen, sich alle paar Jahre im Hyde Park vor den alten Fans hofieren zu lassen. Denn dass the Ballad of Darren wenig besser machen würde, ließen die ersten Singles definitiv vermuten. Vor allem die zweite Auskopplung des Albums, St. Charles Square, war in der Hinsicht alarmierend, dass sie sehr transparent einen Damon Albarn zeigte, der gesanglich keinerlei Motivation mehr für Nummern über 70 bpm und mit verzerrten Gitarren hatte. Und dass das Endresultat jetzt trotzdem ganz okay geworden ist, liegt im wesentlichen daran, dass Blur das anscheinend auch wissen. The Ballad of Darren ist ein sehr beruhigtes und über weite Strecken melancholisches Album geworden, das das balladige seines Titels tatsächlich in den allermeisten Songs verkörpert. Das hat zum Vorteil, dass Albarn durch die Sachen glänzen kann, in denen er in den letzten Jahren (vor allem auf der letzten LP von the Good, the Bad & the Queen sowie bei seinen Solosachen) tatsächlich besser geworden ist: Langsame Stücke, die vor allem durch ihre Lyrics glänzen. Selten ist er damit hier so gut wie auf den eben genannten Platten, er bewahrt Blur aber in vielen Momenten davor, durch sein Verschulden wieder in den klanglichen Kryoschlaf abzudriften. Die Band selbst spielt dazu sehr funktional und macht aus den meisten Songs nichts besonderes, lässt aber wieder eine Chemie spüren, die sie zuletzt Ende der Neunziger hatte (Think Tank von 2003 güldet natürlich nicht, weil Graham Coxon da fehlte). Obwohl the Ballad of Darren also alles andere als ein Meisterwerk ist, reicht es für mich zumindest für die Ehrenrettung der Briten und den Beweis, dass sie nicht komplett von sich selbst genervt sind. Wobei es nach 2015 auch wirklich schwierig geworden wäre, noch mehr in den Sack zu hauen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11





Nas - Magic 2NAS
Magic 2
Mass Appeal


Neben seiner aktuell fantastisch laufenden King's Disease-Serie, die Nas seit 2020 gemeinsam mit Produzent Hit-Boy führt, war die LP Magic im Dezember 2021 eigentlich eher eine Art Anhängsel mit Songs, die nicht in den konzeptuellen Rahmen des laufenden Projekts passten und deshalb separat veröffentlicht wurden. Oder zumindest schien es so, bevor die beiden letzte Woche auch für dieses Album ein Sequel veröffentlichten, das inhaltlich sehr nah an den Themen von King's Disease stattfindet. Soll heißen, dass wir Nas auch hier als einen nostalgisch-altersweisen Storyteller erleben, der in den grob 30 Minuten dieser LP seine Position als New Yorker Szenelegende absteckt und aus dieser heraus wohlwollend auf das eigene Vermächtnis blickt. Und obwohl das für seinen Output in den letzten drei Jahren absolut nichts neues ist, hört man ihm hier auf eine sympathische Rap-Märchenonkel-Art immer noch ganz gerne zu. Wenn mich eine Sache inzwischen ein bisschen nervt dann ist das eher die Produktion von Hit-Boy, die mit Sachen wie dem lachhaften Hello Dolly-Sample im Intro, viel käsigem Soul-Fluff in den Instrumentals und einem etwas zu soften Mixing definitiv unter ihren Möglichkeiten bleibt. Womit für mich an diesem Punkt trotz einer weiteren überzeugenden Platte der Punkt erreicht ist, an dem ich das Pairing der beiden langsam etwas ermüdend finde. Denn egal wie die Chose am Ende heißt, der Modus der beiden wird sich so bald nicht mehr ändern.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11



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