Dienstag, 30. Juli 2024

Die Wochenschau (22.07.-29.07.2024): Megan Thee Stallion, Camila Cabello, James Blake & Lil Yachty, Dirty Three

 





JAMES BLAKE & LIL YACHTY
Bad Cameo
Quality Control

 
 
 
 
 
 
 
 
Bad Cameo ist eine dieser Kollaborationen zweier Künstler, bei denen die erste Reaktion vieler vor ein paar Monaten irgendwie war, dass das ja überhaupt nicht gut gehen kann, weil diese beiden an sich so überhaupt nicht zusammen passen. Selbst dann, wenn man bedenkt, dass Lil Yachty sich spätestens seit seiner letzten LP Let's Start Here vom vergangenen Winter in seiner bisher experimentellsten Karrierephase befindet und auch James Blake inzwischen eine lange Geschichte der Hintergrundarbeit für R'n'B- und Hiphop-Acts hat. Zumindest meine Auffassung ist es aber, dass die beiden hier ein Album gemacht haben, das erstaunlich gut die gemeinsamen Nenner in ihrer jeweiligen musikalischen Handschriften gefunden haben und sich an den Stellen, wo es diese nicht gibt, bestmöglich ergänzen. So seltsam es scheint, Chemie ist zu keinem Zeitpunkt dieser knappen Dreiviertelstunde das Problem, sondern stets seine größte Stärke. Und man kann sich an den Fingern abzählen, dass das dann auch in ziemlich spannenden Songs resultiert. Für jemanden wie mich, der zuletzt weder die Platten von Yachty noch von Blake besonders mochte, bedeutet es sogar ein mächtiges Upgrade für die Diskografien beider Künstler. Einziges Manko ist für mich am Ende, dass sich das ganze doch ziemlich zieht und man ruhig zwei oder drei Songs aus der Tracklist hätte weglassen können, ansonsten durchgängig eine positive Überraschung.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11






CAMILA CABELLO
C,XOXO
Geffen

Es kam im Vorfeld des Releases von C,XOXO von einigen Seiten im Internet die Kritik auf, dass Camila Cabellos Marketing für das neue Album zum Teil auffällige Ähnlichkeit mit der PR einschlägiger Pop-Größen aus den letzten Jahren, insbesondere von Charli XCX und Rosalía, hatte. Und obwohl ich die Berechtigung in diesen Vorwürfen ehrlich gesagt nur bedingt sah, hatte ich schon ein bisschen Schiss, dass die Sängerin sich hier aufgrund gängiger Trends an eine Hyperpop-Ästhetik ranschmeißen würde, von der ich nicht glaubte, dass sie ihr besonders gut stünde. Glücklicherweise ist dieser Fall aber nicht eingetreten und C,XOXO zwar eine Weiterentwicklung ihres Sounds, allerdings komplett im Rahmen ihrer üblichen künstlerischen Handschrift. Und die erinnert auch weniger an Hyperpop denn an die Art Crossover-Pop, mit der Christina Aguilera vor sechs Jahren schonmal ein sträflich unterschätztes Comeback schaffte. Das macht C,XOXO vielleicht nicht zur originellsten Pop-Platte des Jahres, aber für mich schon irgendwie zu der, die ihrem Anspruch als Blockbuster-LP des diesjährigen Sommers qualitativ am gerechtesten wird. Zwar gibt es zwischen den vielen genialen Tracks wie I Luv It, He Knows, Dade County Dreaming und Dream-Girls auch ein bis zwei Füllertracks, eine halbe Handvoll unnötiger Skits (auch das hat Cabello leider mit Aguilera gemeinsam) und mindestens ein Drake-Feature zu viel, für mich ist es trotzdem das Album, auf dem die Puertoricanerin bisher am meisten das Potenzial erfüllt, das sie in meinen Augen schon so lange hat.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11





MEGAN THEE STALLION
Megan
Die-Ei-Wei

 
 
 
 
 
 
 
 
Angesichts der Schwierigkeiten, die ich bislang noch immer mit dem Output von Megan Thee Stallion hatte, fällt es mir nicht schwer zu sagen, dass ich Megan mit einigem Abstand als ihr momentan bestes Album empfinde. Eines, das endlich mal alle Versprechungen wahr macht, die bei dieser Künstlerin schon seit ihrem Debüt im Raum stehen: Der hochenergische und lyrisch explizite Traprap der Texanerin ist dabei von der Formel her der gleiche wie schon auf vorherigen Alben und der gleiche, von dem ich dachte, er würde nicht mehr besser werden, diesmal haut die Nummer aber plötzlich richtig gut hin. Letztlich ist das vor allem damit zu erklären, dass Megan mittlerweile nicht nur das notwendige Selbstbewusstsein hat, solche Songs zu schreiben (das hatte sie ja schon immer), sondern auch mehr Erfahrung darin, das ganze runder, kohärenter und abwechslungsreicher zu machen. Wo ihre Texte früher Plattitüden anneinander reihten, sind hier endlich mal Bars erkennbar, die der Attitüde dieser Frau tatsächlich gerecht werden und auch bei der Auswahl der Beats und Features beweist sie hier ein Händchen wie bisher nie zuvor. Und wenn sie jetzt noch die komische Adlibs bleiben lassen würde, wäre ich richtig begeistert.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11





DIRTY THREE
Love Changes Everything
Bella Union | Drag City

 
 
 
 
 
 
 
Ich war 2012 zeitig genug dran, um von Toward the Low Sun, dem bisher letzten Dirty Three-Album, noch richtig begeistert zu sein. Seitdem lag die Band jetzt ziemlich lange auf Eis, während Kreativkopf Warren Ellis vor allem seinen Platz bei den Bad Seeds ausfüllte und haufenweise tolle Filmsoundtracks komponierte. Für Love Changes Everything holt er die Gruppe nun zurück und obwohl dieses hier kein Album war, auf das ich die letzten Jahre über wirklich gewartet hätte, ist es schon ein wenig enttäuschend, hier etwas so dürftiges und unfertiges zu hören. Die sechs titellosen Songs haben alle einen sehr improvisatorischen Charakter, was für Dirty Three an sich nichts neues ist, Love Changes Everything ist aber ihre erste Platte, die wirklich großflächig so operiert. Was zur Folge hat, dass sie auch nach nicht mehr als einer windigen Session-LP klingt. Und wo ich grundsätzlich happy bin, dass diese Band jetzt vielleicht auch wieder längerfristig am Start sein könnte, hätte man sich das Comeback hiermit auch echt sparen können.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠 06/11





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen