Montag, 8. Juli 2024

Die Wochenschau (01.07.-07.07.2024): Bushido, Bat for Lashes, Beak> und und und...


 

 

 
 MACHINEDRUM
3for82
Ninja Tune

2020 auf A View of U war mir Travis Stewart noch zu fahrig und inkohärent, um mich wirklich zu überzeugen, vier Jahre später überrascht mich der Produzent aus North Carolina mit einem Album, das all dessen Probleme auf maximal unterhaltsame Weise löst. Auch 2for82 ist eine Platte, die zwischen Drum & Bass, Footwork, UK Garage, R'n'B und Hiphop stilistisch ziemlich sprunghaft werden kann und ständig ihre Stimmungen wechselt, diesmal sind all diese Ideen aber wesentlich dichter miteinander verwoben. Das ist auch insofern wichtig, weil auf so gut wie jedem Track hier einen anderer Gast die Vocals beisteuert und sich das ganze am Ende trotzdem ganz eindeutig anfühlt wie ein Album von Machinedrum. Ein echter Banger von einer LP, mit der ich so absolut nicht gerechtet hatte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11





 

BEAK>
>>>>
Invada
 
 
 
 
 
 
 
 
 
In den 15 Jahren ihres bestehens haben Beak> zwar bisher nur drei offizielle Alben plus ein paar EPs und Soundtracks veröffentlicht, die gehören in meiner persönlichen Auffassung aber zu den besten Rockalben der letzten paar Dekaden und haben die Briten um Portishead-Chefdenker Geoff Barrow zu einer der verlässlichsten Bands zwischen den Stühlen von Kraut- und Progrock gemacht. Dass ihr viertes, erneut quasi selbstbetiteltes Album jetzt nicht mehr ganz dieses Niveau hält, ist zwar ein wenig schade, bedeutet aber trotzdem noch, dass die drei absolut stabile Songs ohne effektive Schwächen machen. Abgesehen von etwas mehr Gesang klingt diese auch nicht groß anders als auf ihren bisherigen Platten und ist für mich ein weiterer Grund, ihre Musik zum wiederholten Mal wärmstens zu empfehlen. Weil es in meinen Augen immer noch zu wenige Leute gibt, die diese Band so feiern wie sie es verdient hätten.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11






BUSHIDO
König für immer
ersguterjunge
 
Es gibt aus objektiven Gesichtspunkten heraus eigentlich keinen Grund, warum dieses Album existieren muss und ich hatte ehrlich gesagt auch nicht erwartet, dass Bushido sich nach seinem Absetzen in die Emirate und der damit verbundenen Frührente nochmal so tief in den Schützengraben des Rap-Diskurses stürtzt und es für nötig befindet, ein Album zu machen. Dieses ist jetzt aber nicht nur da, sondern wider Erwarten die beste Musik, die ich von diesem Typen seit einer halben Ewigkeit gehört habe. Sicher, dass Anis Ferchichi nach wie vor Hiphop wie in den Zwotausendern macht, hat Vorteile und Nachteile und äußert sich neben kultigen Oldschool-Beats und Battle-Mentalität eben auch in argem Kitsch und homophoben sowie sexistischen Lines, die selbst für seine Sparte Deutschrap schlecht gealtert wirken. Und davon, dass vieles an diesem Album weder glaubwürdig noch selbst geschrieben ist, kann man ausgehen. Nach wie vor finde ich aber auch, dass Bushido ein ziemlich talentierter Rapper ist, der mich eben durch keinen Presseauftritt und keinen Insta-Kommentar so sehr packt wie durch einen gut performten Text und davon ist diese Platte endlich mal wieder brechend voll. Von stattlichen 24 Songs gibt es mit Süchtig nur einen einzigen, den ich effektiv dämlich finde und der nicht die Stärken von Bushido herausspielt. Wenn man also 2024 nochmal nachvollziehen will, was an der Persona dieses Typen so faszinierend sein kann und warum er trotz allem Blödsinn eine feste Größe im Deutschrap ist, könnte man es mit diesem Album besser schaffen als mit so ziemlich allem anderen, das es in den letzten fünf bis sieben Jahren von ihm gab.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11



 
 
BAT FOR LASHES
The Dream of Delphi
Mercury KX | Universal

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Dass die Musik von Natasha Khan daran gewinnt, wenn sie ab und zu ordentlich ihre Pop-Muskulatur spielen lässt, merkte man schon an den letzten beiden Alben von Bat for Lashes und wenn ich es recht bedenke, fand ich seit the Bride von 2016 jedes davon ein Stückchen besser. Der wirkliche Banger fehlte dabei bisher noch, schließt sich mit the Dream of Delphi aber jetzt in logischer Konsequenz an diese Entwicklung an. Schon der eröffnende Titelsong verbindet eine immens eingängige Hookigkeit mit allerlei sinfonischem Zinnober, danach spielt die Kalifornierin die Balance aus diesen beiden Welten in verschiedenen Intensivierungen durch. Mal catchy und fast tanzbar, mal mit zaghaften Instrumentalpassagen oder sogar fast ambienten Stücken. An nicht wenigen Stellen schlägt sie dabei in die gleiche Kerbe wie letztes Jahr schon das neue Album von Birdy oder das Debüt von the Last Dinner Party vor einigen Monaten und weckt in mir fast schon das böse Verlangen, eine neue Barockpop-Welle auszurufen. Wobei eine solche, sollte sie sich denn manifestieren, mit dieser LP einen weiteren wichtigen Pfeiler bekommen hätte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11



 
 
SUPER AMERICAN
Gangster of Love
Wax Bodega

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ich habe ja schon in den letzten Jahren immer wieder das alte Kriegsbeil begraben können, das ich lange für den Post-Zwotausender-Pop-Punk wetzte, meistens brauche ich dafür aber ein paar Anschubser mehr. Weshalb es mich jetzt umso mehr freut, wie schnell und vorbehaltlos ich mich dieser Tage mit den Songs des New Yorker Duos Super American und ihrem vierten Album Gangster of Love anfreunden konnte. Das hier ist für mich keine Platte, bei der ich Qualifier wie 'ganz gut für eine Pop-Punk-LP' oder 'schade, dass ich Blink-182 nicht mehr mag' verwenden muss, um ihre positiven Aspekte hervorzuheben, sondern die ich kontextlos richtig gut finde. Eingängig sind die Songs sowieso, aber dabei auch über die gängigen Genre-Klischees hinaus kreativ und zeigen vor allem in den Lyrics ihre songwriterische Intelligenz. Hier wird nicht nur mit Plattitüden über Teenagerprobleme geredet, sondern auf poetische und oftmals echt witzige Weise über erwachsene Sachverhalte, die auch für mich als fast 30-jährigen interessant sind. Nicht wundern also, wenn Gangster of Love für mich ab jetzt das Album wird, an dem sich Pop-Punk qualitätsmäßig messen muss.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11




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