Dienstag, 2. April 2024

Die Wochenschau (25.03.-01.04.2024): Yung Lean & Bladee, Four Tet, Homeshake und und und...

 




ROSE DROLL
With Strangers
Jazz Life

Rose Droll hat in meinen Augen eindeutig das Zeug dazu, über kurz oder lang ein echter Kritiker*innen-Liebling zu werden, so wie sie auf diesem neuen Album einem platonischen Ideal von Artpop nacheifert. Die wichtigsten Andockpunkte bei ihr sind Mitski, Feist und vielleicht Jenny Hval, ihr Spektrum reicht aber von intimen (Fast-)Akustikballaden wie dem Opener List of Things to Do bishin zu kunstigen Elektropop-Gebilden der Sorte Fantasy I Leave. Dazwischen ist es das größte Meisterstück von With Strangers, wie es all diese Elemente gebündelt kriegt und ein stimmiges Ganzes daraus macht. Und obgleich dieses Album bei mir erstmal noch keine allzu großen Freudensprünge auslöst, finde ich es doch alles in allem sehr gut und bin vorsichtig optimistisch, hier mal vor den ganzen Anderen eine Künstlerin entdeckt zu haben, die in zwei, drei Jahren vielleicht echt noch eine größere Nummer werden könnte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11





HOMESHAKE
CD Wallet
SHHOAMKEE | Dine Alone

 
 
 
 
 
 
 
 Zuletzt hatte ich die Kanadier Homeshake 2019 auf ihrem vierten Album Helium gehört, das ich von der Idee her mochte, an vielen Punkten aber noch sehr trocken und spröde fand. CD Wallet ist fünf Jahre später immer noch trocken und spröde, hat diese Attribute aber in eine Stärke der Band verwandelt. Angetäuscht wird hier in den ersten paar Songs ein slackeriges Schlafzimmerpop-Album und mit erstmal wenigen besonderen Attributen, schon im vierten Track Kitty packen Homeshake aber die tiefschürfende Schlurfigkeit und Kratzigkeit aus, die Slint in ihren besten Momenten drauf hatten und bauen mit zunehmender Länge Stücke mit immer größeren Aufbauten und immer düstereren Energien. Höhepunkt dieser Metamorphose ist dann ohne Frage der fast zehnminütige Closer Listerine, der eins zu eins aus dem Spiderland-Lehrbuch abgeschrieben scheint und die Platte auf einer vollendeten Note abschließt. Gut, dass ich diese Band in den letzten Jahre nicht aus den Augen verloren habe.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11





C TURTLE
Expensive Thrills
Blitzcat

Als Slackerrock-Band mit je einer männlichen und weiblichen Front-Person, einer Vorliebe für den Indie der frühen Neunziger und Songtiteln wie Sniffing the Jesus Hole ist es naheliegend, C Turtle einflusstechnisch an Sonic Youth anzudocken, was aber nur ein Teil der Wahrheit ist. Denn obwohl auch sie sehr krachig sind und nach eisernem DIY klingen, sind sie in vielen Punkten auch leichter und weniger kunstig als die großen Indie-Epigonen. Gerade ein Track wie Shake It Down erinnert in vielen Punkten eher an eine Mischung aus den Breeders und Kurt Vile und der Closer More Insects hat mit seinen soften Klaviermelodien sogar etwas vom quirky Songwriter*innenpop der Zwotausender. Was alle elf Stücke auf Expensive Thrills aber eint ist, dass sie ziemlich genial gemacht sind und ein starkes Händchen für verwegenes Songwriting zeigen. Und nachdem ich lange dachte, dieser Entwurf von Indierock sei seit ungefähr 2012 für jegliche Innovation verbrannt, belehren mich C Turtle jetzt eines besseren. 

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11




FOUR TET
Three
Text Records

Dreieinhalb Jahre hat Kieran Hebden jetzt kein neues Album mehr gemacht, im Pausenmodus war er deshalb aber nicht. Gerade seine Live-Shenanigans gemeinsam mit Skrillex und Fred Again... im vergangenen Jahr waren ein besonderer Moment in seiner Karriere und brachten ihn nochmal einem neuen Publikum näher. Auf Platte ist er jetzt aber wieder komplett in seinem typischen Modus und erweitert seinen Sound maximal um eine großzügige Downtempo-Note, die für ihn ja auch kein großer Querschläger ist. Das Resultat ist dabei mal wieder ein ziemlich geniales Album des Briten, das mir sogar noch eine ganze Ecke besser gefällt als die eh schon guten Sachen, die er vor der LP-Pause machte. Wobei mein persönliches Highlight ganz eindeutig der achtminütige Closer Three Drums ist, der schon fast nach einer weniger käsigen Variante von Robert Miles anmutet.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11





YUNG LEAN & BLADEE
Psykos
World Affairs

In erster Linie ist Psykos relevant als Schulterschluss der beiden mit Sicherheit wichtigsten Protagonisten des Drain Gang-Kollektivs, das für seine Nische fast ein bisschen einen Watch the Throne-Charakter hat. Dabei ist es aber auch mehr als die Summe seiner Teile, da Lean und Bladee hier zwar schon in ihrer jeweiligen Ästhetik verbleiben, dafür aber eher die Mittel eines schlafzimmerigen Indie-Albums nutzen. Das ist vor allem für ersteren nicht ohne, da dieser in seiner mittlerweile über zehnjährigen Karriere schon öfters Rock-Crossover verschiedener Sparten versucht hat, in meinen Augen aber meistens ziemliche Bauchlandungen hinlegte. Hier ist der Übergang von seiner üblichen Musik etwas softer, geht aber in vielen Momenten besser auf und resultiert in einem ebenso stimmigen wie spannenden Stück Musik. Schade eigentlich, dass die ganze Chose dann nur 22 Minuten geht.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11




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