Montag, 23. Mai 2022

Jacking Off

Jack Harlow - Come Home the Kids Miss You
JACK HARLOW
Come Home the Kids Miss You
Generation Now | Atlantic
2022
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ anbiedernd | stromlinienförmig | ahnbar ]

Um es mit den Worten von Änis Ferchichi zu sagen: Es wird langsam Zeit, mich zu der scheiße hier zu äußern. Und glaubt mir, ein Teil von mir will gerade alles andere als diesen Text hier schreiben und wäre sehr gut damit klargekommen, auch das zweite Album von Jack Harlow trotz allem Tamtam, der außerhalb meiner Welt darum stattfindet, in die Schattenwelt der Senf-Rubrik zu verbannen, wo auch sein erstes schon vor sich hin schimmelt. Ist ja schließlich nicht so, als ob mich irgendjemand nach meiner Meinung gefragt hätte. Andererseits gibt es da aber eben auch diesen anderen Teil von mir, der die Musik dieses Typen nicht nur irgendwie mag, sondern auch ernsthaft darüber reden will. Und sei es nur deshalb, um sich endgültig mal ausführlich zu diesem Musiker zu positionieren. Denn immerhin war auch ich 2020 einer derjenigen, die What's Poppin über Monate hinweg regelmäßig pumpten und dessen erstes Album - ausführliche Besprechung hin oder her - am Ende doch eine sehr positive Sieben-von-Elf-Bewertung bekam. Wobei der Konflikt, den ich mit Harlow habe, eigentlich auch 2022 noch immer der gleiche ist: Dass er an sich ja wirklich kein schlechter Musiker ist und vor allem ein Händchen für die Auswahl guter Beats besitzt, die auch auf Albumlänge konsistent brettern, dass er dabei aber so ziemlich der langweiligste und charakterloseste Typ Rapper ist, den ich mir vorstellen kann. Nicht nur in seinem Auftreten, sondern vor allem auch in seinen Lyrics ist Harlow schon seit seinen Anfängen die ultranervige Sorte Dude-Bro, die Hiphop anscheinend nur deshalb machen, weil man damit Mädels beeindrucken kann und als solcher ein Künstler ohne jegliche Alleinstellungsmerkmale, auf den ironischerweise alle blöden Klischees zutreffen, die das Internet über weiße Rapper*innen hat. Anfangs wollte ich deswegen immer mit Logic vergleichen, doch kann man sich über den wenigstens richtig aufregen. Jack Harlow hingegen ist so mittelmäßig und stilistisch anpassungsfähig, dass er nicht mal konsequent scheiße ist. Also zumindest in den meisten Momenten. Sicher gibt es auch auf Come Home nicht eben wenige richtig peinliches Passagen wie das Intro von Snoop Dogg in Young Harleezy oder die unfassbar selbstgeile Tinderbro-Hook in Lil Secret, doch ist das eben nicht alles. Und manchmal weiß ich tatsächlich auch nicht so wirklich, wie ich bestimmte Sachen hier überhaupt finden soll. So ist es grundsätzlich eine der besten Eigenschaften des Albums, dass die Produktion von Pharell Williams hier einen so starken Fußabdruck hinterlässt (und gut produziert ist Come Home auch an vielen anderen Stellen), doch ist der fragwürdige Flip seines einstigen Klassikers Beautiful auf Side Piece ebensowenig eine gute Idee wie sein Gastrefrain in Movie Star. Und wo wir gerade bei Features sind: Was bitte macht Drake eigentlich in Churchill Downs? Sein Part nimmt hier gefühlt über die Hälfte des Songs ein (der immerhin gute fünf Minuten geht) und geht dabei durch so viele absolut dämliche Modi und Exkurse, dass es am Ende fast schon wieder gut ist. Harlow selbst ist dabei in den besten Momenten ein lyrischer Backdrop mit ahnbaren Bragrap-Lines und in den schlimmsten effektiv cringe, meistens jedoch ist er aber ebenso egal wie schon auf seinem Debüt und langweilt mich einfach. Wobei es diesmal häufig nicht mal so gut gemachte und bangerige Beats gibt, mit denen sich die Songs wenigstens noch als Hits verkaufen lassen. Ein Totalausfall ist Come Home bei alledem zwar auch nicht, dass das aber so ist, liegt in den wenigsten Momenten an Harlow selbst. Denn im Gegensatz zum Debüt, wo sein einziges Problem war, dass er musikalisch nicht einen Funken Coolness besitzt, ist sein Stil- und Taktgefühl hier effektiv ganz schön aus der Peilung gekommen. Wobei es am Ende halt auch nicht lohnt, sich darüber aufzuregen, dass es so gekommen ist. Denn wer hätte bei ihm auf Album Nummer zwei schon ernsthaft was anderes erwartet?

🔴🔴🔴🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 05/11

Persönliche Höhepunkte
I'd Do Anything to Make You Smile | First Class | Nail Tech

Nicht mein Fall
Talk of the Town | Young Harleezy | Side Piece | Lil Secret | I Got A Shot | Poison


Hat was von
Logic
Everything

Mac Miller
GO:OD A.M.


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