Sonntag, 23. April 2023

Die Wochenschau (15.04.-21.04.2023): Element of Crime, Brutalismus 3000, Daniel Caesar und und und...

 




ELEMENT OF CRIME
Morgens um vier
Universal

In meinen Augen das stärkste Element of Crime-Album seit mindestens 15 Jahren, das es erstmals seit einer ganzen Weile schafft, nicht nur duch vereinzelte Song-Highlights beeindruckend zu sein. Zwar stolpert der Opener Unscharf mit Katze noch etwas ungelenk ins Geschehen und hat noch den Nachgeschmack der dürftigeren letzten Sachen, danach wird die Platte aber praktisch mit jedem Song besser und gipfelt schließlich im abschließenden Titelsong, der wieder mal eines dieser pragmatisch-trüben Regener-Moodpieces ist, für die er immer größeres Talent zeigt. Weshalb ich es auch schön finde, dass die Berliner thematisch sehr an den Stoffen dranbleiben, die vor allem auf Schafe, Monster und Mäuse schon ganz wesentlich stattfanden. Weil sie diese hier oft wesentlich stimmiger formulieren und zu einem ansprechenden Ganzen verweben. Ein bisschen fühlt sich Morgens um vier also an wie die ästhetische Vollendung ihrer momentanen Phase, die ab jetzt vielleicht in eine neue mündet. Mehr davon wäre aber ehrlich gesagt auch nicht verkehrt.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11




µ-ZIQ
1977
Balmat
µ-Ziq - 1977 
Man könnte es fast schon das Selected Ambient Works des Mike Paradinas nennen: Nach dem sehr wechselhaften und actionreichen Doppel aus Magic Pony Ride und Hello, die ich letztes Jahr schon echt interessant fand, kommt hier eine sehr viel verhaltenere und an manchen Stellen fast schon proto-synthetisch anmutende LP, die in ihrer Länge und Skizzenhaftigkeit auch ein bisschen Werkschau-Charakter hat. Damit ist sie trotzdem eine der stärksten Platten, die ich in den vergangenen Jahren von µ-Ziq gehört habe und zeigt vor allem ein weiteres Mal, wie vielschichtig dieser Typ sein kann. Und wenn das so weitergeht, dann könnte seine Musik auf die alten Tage echt noch mögen lernen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11







DANIEL CAESAR
Never Enough
Republic

Daniel Caesar - Never EnoughNach dem Abebben der Hypephase um sein Debüt Freudian von 2017 und inzwischen auch schon wieder fast vier Jahren ohne neue Musik hat Daniel Caesar mit Never Enough ein bisschen aus dem nichts sein bisher bestes Album gemacht. Sein artsiger R'n'B-Einwurf ist dabei grundsätzlich der gleiche wie schon immer, allerdings mit deutlich stärkeren Einzeltracks und einer künstlerischen Reife, die an eine Mischung aus Moses Sumney, Frank Ocean und vielleicht ein bisschen Kali Uchis erinnert. Einzige kleine Kritik von meiner Seite wäre, dass drei Songs weniger sicherlich gereicht hätten, am Ende sind aber auch die meisten davon so klasse, dass man sie auf keinen Fall auf der LP missen möchte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11




Brutalismus 3000 - ULTRAKUNSTBRUTALISMUS 3000
Ultrakunst
Live From Earth

Keine Ahnung, ob hier der Bandname, der Albumtitel oder die Anziehsachen der Musiker*innen dämlicher sind, die Musik ist es aber auf jeden Fall nicht. Viel eher ist Ultrakunst vom Berliner Hardhouse- und Electroclash-Duo Brutalismus 3000 eines der sicherlich stärksten Debüts der bisherigen Saison. Natürlich muss man dabei feststellen, dass das ganze edgy Kitkat-Gepose und die gepresste Live From Earth-Kunstigkeit ein ziemliches Klischee sein können, musikalisch können Brutalismus 3000 das aber geschickt kontern. Irgendwo zwischen deutsche 100 Gecs, Haiyti mit mehr Techno und Blümchen im Boiler Room schreiben die beiden hier ein paar echte Banger, die innerhalb dieser Platte auch echt kohärent präsentiert werden und mich auch irgendwie durch ihre heimliche Postpunk-Mentalität beeindrucken. Kurzum also eine Band, mit der die deutsche Popmusik 2023 hoffentlich noch viel Spaß hat.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡🟢 10/11





TIM HECKER
No Highs
kranky


 
 
 
 
 
 
Keine Ahnung, wieso die Musiknerds dieser Welt ausgerechnet jetzt beschlossen haben, sich nochmal für den Output Tim Hecker zu interessieren, aber wenn es nach mir geht, dann haben genau diese Leute seine besten Platten während der Zwotausendzehner ignoriert. Wobei es vier Jahre nach Anoyo, seiner letzten richtigen LP von 2019, auch lange nur muffige Soundtracks und Auftragswerke von ihm zu hören gab. No Highs ist in dieser Hinsicht nun mal wieder ein sehr zugängliches Werk, auf dem der Kanadier es einmal mehr schafft, seinem leisetreterischen Ambient-Style verhältnismäßig viel Action abzutrotzen und eine durchaus cineastische und großkotzige Platte zu machen. Die ist dann an sich auch nicht schlecht und gerade Details wie das Saxofon von Colin Stetson in Monotony II oder die Gitarre in Sense Supression sind an den richtigen Stellen ziemlich geil, als den großen Aha-Moment seiner Karriere sehe ich das Ding aber nicht. 

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11





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