Samstag, 17. Dezember 2022

Die Wochenschau (10.12.-16.12.2022): Brockhampton, Weyes Blood, Thaiboy Digital, Elder


 

BROCKHAMPTON - The Family

BROCKHAMPTON - TM 

BROCKHAMPTON
the Family
TM
Question Everything | RCA
 
Ich war in den letzten fünf Jahren ja nie der größte Fan von Brockhampton und sehe dem Ende ihrer Karriere gerade eher wenig emotional entgegen. Dass sie mit diesen letzten beiden Alben nochmal einen großen Moment haben, muss aber auch ich einsehen. Nachdem die klangliche Tendenz der Band in den Jahren nach dem Ausstieg von Ameer Van eher in eine melancholisch-meditative R'n'B-Richtung ging, ist es fast schon überraschend, mit welcher Leichtigkeit sie sich hier doch wieder ins fetzige Banger-Territorium ihrer Saturation-Trilogie manövrieren und dabei noch ein letztes Mal das spaßige Rotznasen-Kollektiv sind, als das wir sie einst kennengelernt haben. Wobei insbesondere the Family mit seinen starken Einflüssen aus frühen Kanye- und Puff Daddy-Platten, den entzückenden Chipmunk Soul-Samples und emotional entfesselten Parts vielleicht die beste LP ist, die sie seit damals gemacht haben. TM ist als Zwilling davon dann zwar wieder ein bisschen mehr in der üblichen Melancholie verhaftet, verkauft das aber am Ende auch recht ordentlich und lässt mich am Ende wenig beanstanden. Besonders schön finde ich bei beiden Alben aber die Closer, in denen jeweils nochmal sehr ausführlich der Werdegang des Phänomens Brockhampton thematisiert wird, wodurch letztlich beide Alben das Prädikat als Schwanengesang der Band redlich verdient haben. Was allein deshalb auch ein bisschen schade ist, weil ich mir jetzt doch irgendwie wünsche, dass es noch weitergeht.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11



RÖYKSOPP
Profound Mysteries III
Embassy One
 
Röyksopp - Profound Mysteries IIIEs gibt über den dritten Teil der Profound Mysteries-Saga von Röyksopp nicht mehr viel zu sagen, was ich nicht schon über die letzten beiden Parts davon losgeworden bin. Was grundsätzlich vor allem bedeutet, dass die Norweger auch diesmal ganze Arbeit leisten. Wie zuvor rückt das Album klanglich wenig von der alten Arbeit des Duos ab und klingt deshalb vielleicht stellenweise etwas altbacken, ein Problem ist das aber nicht. Praktisch alle Songs hier sind auf ihre Weise super, wobei vor allem die Beteiligung zahlreicher Gäste wieder positiv hervorzuheben ist. Und wenn ich ganz ehrlich bin, dann haben Röyksopp es hier ein weiteres Mal geschafft, sich selbst zu überbieten und dem Abschluss der Serie hier sicherlich deren beste Platte verpasst. Auch wenn ich am Ende trotzdem nochmal betonen will, wie sehr ich alle davon für Fans dieser Band empfehle.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11




WEYES BLOOD
And in the Darkness, Hearts Aglow
Sub Pop

Weyes Blood - And in the Darkness, Hearts AglowUm dieses Album gut zu finden, musste ich erst ein paar größere Berührungspunkte loswerden, die ich mit Weyes Blood bis zu ihrer letzten Platte noch hatte und für einen Teil von mir muss ich definitiv sagen, dass das überfällig war. Ein anderer insistiert aber nach wie vor, das große Ansehen dieser Künstlerin meinerseits nicht überzubewerten. Denn was sie auf dieser LP macht, ist im Grunde genommen nichts, was ich nicht auch schon bei einer Sharon van Etten oder einem Father John Misty gehört hätte. Klar hat sie gegenüber denen den Bonus, dass sie in den richtigen Momenten klingt wie ein melancholischer Todesengel des Schicksals und wuchtige Songs wie Hearts Aglow oder God Turn Me Into A Flower gibt es hier allemal, mehr als einen ziemlich guten Gesamteindruck macht sie damit aber auch nicht. Und so wird es wohl bis auf weiteres so bleiben, dass diese Künstlerin bei mir eine eher kleinere Rolle spielt.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11




Richard Dawson - The Ruby CordRICHARD DAWSON
the Ruby Cord
Weird World | Domino


Nachdem mich Richard Dawson mit seinen letzten beiden Alben Republic of Geordieland und Henki, die ja auch nur mehr oder weniger seinem eigentlichen Solo-Kanon zuzurechnen sind, vielleicht ein bisschen verloren hatte, ist the Ruby Cord jetzt die Platte, die ihn für mich wieder in seinem optimalen Zustand zeigt: Schräg, wortreich, nerdig und ambitioniert. Wobei zumindest letzteres Attribut mit einer Spielzeit von stattlichen 80 Minuten auch keine zwei Meinungen zulässt. Insbesondere wenn man bedenkt, dass mehr als die Hälfte davon von einem einzigen Song namens the Hermit in Anspruch genommen wird, der seinerseits fast eine Dreiviertelstunde dauert. Und obwohl besagter Track dabei nicht unbedingt mein Favorit auf dieser LP ist, ist er doch nicht nur als Zeitstempel interessant. Hier und in den meisten anderen Tracks auf the Ruby Chord findet Dawson erzählerisch nämlich wieder jenen großartig kurzgeschichtenhaften Ton, den es in dieser Form zuletzt auf 2020 gab und dem hier in vielen Momenten nochmal mehr Platz eingeräumt wird. So erzählt beispielsweise Tip of An Arrow in großer Ausführlichkeit die Geschichte eines Vaters und seiner Tochter, die Pfeile und Bögen herstellen und Museum zeichnet ein dystopisches Bild einer Ausstellung über die Menschheit nach deren Untergang. Spannend ist dabei auch, dass Dawson thematisch zwischen den lyrischen Strängen von Peasant und 2020 hin- und her zu wechseln scheint und so quasi die Universen dieser Alben um einige Aspekte ergänzt, ihre Welten aber auch mehr und mehr verwebt. Und obwohl der Grund dafür wahrscheinlich nur der ist, dass Dawson gerne diese Art von Geschichten schreibt, will sich ein Teil von mir doch ganz einfach vorstellen, dass das alles etwas zu bedeuten hat. Wobei the Ruby Cord in diesem Narrativ dann sicherlich eine Schlüsselrolle zukäme.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11



THAIBOY DIGITAL
Back 2 Life
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Thaiboy Digital - Back 2 LifeWäre dieses Album bereits 2018 erschienen und hätte ich es damals gehört, könnte ich mir vorstellen, dass es mein Tor zur Welt des Drain Gang-Kollektivs gewesen sein könnte. Vielleicht hätte ich es sogar ein bisschen gemocht. Fast fünf Jahre später jedoch, nachdem vor allem Bladee und Ecco2K den Sound der Schweden ungemein vorangebracht und modernisiert haben, wirkt Back 2 Life ein bisschen wie in den Kinderschuhen steckengeblieben. Die Songs hier sind grundsätzlich okay und es gibt kaum effektiv peinliche Momente, doch ist mir vieles hier doch inzwischen herzlich egal. Wenn überhaupt, dann hält dieses Album die Drain Gang in einer Vergangenheit fest, der sie glücklicherweise zu großen Teilen entwachsen sind.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 06/11




Elder - Innate PassageELDER
Innate Passages
Stickman


Omens war 2020 nicht nur eine musikalische Offenbarung für Elder als Band, sondern in meinen Augen wahrscheinlich einer der strahlendsten Momente, den Stoner Rock in den letzten zwei Dekaden hatte. Und obwohl es der Gruppe auf dessen offiziellem Nachfolger nicht wirklich gelingt, die Sensation dieser Platte zu reproduzieren, schlagen sie sich doch wacker. Innate Passages ist - so ehrlich muss man sein - das entscheidende bisschen uninspirierterter und formelhafter als sein Vorgänger, was besagte Formel aber nicht davon abhält, weiter einwandfrei zu funktionieren. Ganz davon abgesehen, dass die Platte mal wieder fantastisch produziert ist und eine Art und Weise von verjammter Rockmusik kommuniziert, die auch beim mittlerweile dritten Mal einfach nicht langweilig wird. Nur vielleicht ein bisschen weniger grandios.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11



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