Sonntag, 5. November 2023

Die Wochenschau (30.10.-3.11.2023): Nura, Of Mice & Men, Hania Rani und und und...


 
 
 
 
WHITE POPPY
Sound of Blue
Not Not Fun

White Poppy - Sound of BlueSound of Blue ist seit 2015 das erste White Poppy-Album, das meinen Weg kreuzt und ich bin wahrlich froh, dass der Zufall mir das kanadische Ein-Frau-Projekt von Crystal Dorval nochmal unter den Radar gespült hat. Denn wo man damals aus ihrer Musik noch nicht wirklich eine klare Marschrichtung heraushörte und alles etwas ideenlos wirkte, ist diese Platte hier ästhetisch aus einem Guss und trotz ihres sehr ruhigen und meditativen Sounds nie langweilig. Wesentliche Inspiration ist für Dorval dabei die erste Generation Shoegaze und Dreampop in den späten Achtzigern, insbesondere die Arbeit der Cocteau Twins und frühen Slowdive. Das fetzt natürlich schon von der Sache her, ist hier aber auch fantastisch und mit viel Hingabe aufgearbeitet. Bonuspunkte gibt es außerdem für das herrlich kitschige Enya-New Age-Cover.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11

 
 
 
 
JORDSJØ
Salighet
Karisma
 
Jordsjø - SalighetSchon 2021 war mir der verwunschene Folkprog des Osloer Trios Jordsjø auf dessen letzter LP Pastoralia positiv aufgefallen, zwei Jahre später leisten sie auf Salighet weiter Überzeugungarbeit. Die sieben neuen Songs sind ein bisschen weniger Koboldzauber und Mittelalterrock und dafür mehr stabiles Retroprog-Handwerk, was die Platte in meinen Augen noch ein bisschen cooler macht als den Vorgänger, nach wie vor fasziniert mich aber auch der Sinn dieser Band für wildwüchsigen Fantasy-Kitsch. Wobei es auch definitiv als Stärke zu bewerten ist, dass der seine Inspirationen eher von den Mumins als von J.R.R. Tolkien zu bekommen scheint.
 
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11



 
 
 
Nura - PeriodtNURA
Periodt
Universal
 
 
 
 
 
 
 
 
Nuras letztes Album von 2021 hieß Auf der Suche und klang an vielen Stellen auch so. Periodt setzt in diesem Sinne zwar nicht wirklich einen Punkt hinter ihre Entwicklung als Künstlerin, klingt aber wesentlich definierter und durchdachter. Die gleichzeitige Anwesenheit von Pop-Crossover und Hardcore-Rap wirken hier nicht mehr wie fehlende Identität, sondern wie zwei Seiten derselben Person und Können zeigt die Berlinerin für beides. Auch wirkt es diesmal nicht mehr so, als würde Nura ihre prägnanten politischen Botschaften wie in Eine gute Frau und 10 Million durch fluffige Radiohits wie Sidebitch kompromitieren, sondern ergänzt sie durch diese eher. Noch immer läuft das ganze zwar nicht ganz ohne ein paar blöde Zweckreime, Füllersongs und dämliche Producertags, grundsätzlich würde ich aber sagen, dass Periodt ihr bisher bestes Album ist und sie endlich als abgerundete Solokünstlerin zeigt.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11

 
 
 
 
OF MICE & MEN
Tether
SharpTone

Of Mice & Men - TetherPassiert ja selten genug, dass ich hier mal ein Metalcore-Album cool finde, weshalb ich es fast noch krasser finde, dass es eines von dieser Sorte ist. Eines mit viel cleanem Gesang, vielen Synth-Elementen und einer poppigen Hochglanz-Produktion, die mich sonst eher abschreckt. Weil Of Mice & Men aber erstens richtig gute Songs schreiben, Sänger Aaron Pauley zweitens einen wenig pathetischen Gesangsstil hat und die Band hier drittens ein ganzes Stück in Richtung Prog schielt, funktioniert das ganze irgendwie. Und das nicht nur halbwegs gut, sondern tatsächlich ziemlich fantastisch. Eines meiner überraschenderen Metal-Lieblingsalben, die ich dieses Jahr hatte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11







Hania Rani - GhostsHANIA RANI
Ghosts
Gondwana

Hania Rani ist schon länger eine Künstlerin, deren Musik irgendwie auf dem Grat zwischen Klassik und Pop wandert und die als solches vor allem für Soundtracks gut funktioniert. Ghosts ist in diesem Spektrum jetzt das geworden was man als "ihr Pop-Album" bezeichnen könnte. Im Sinne eines zwar sehr verhuschten und ambienten Projekts, das aber strukturell konkreter ist. Gesang gibt es hier regelmäßig, manchmal sogar von Gastmusiker*innen, die meisten Songs beschränken sich auf bescheiden portionierte vier bis fünf Minuten und alles in allem ist die Platte gefälliger. Wobei das auch nicht heißt, dass es zwischen Ranis "Popsongs" nicht auch noch ein paar der ausladenden Soundscapes gibt, die man von ihren letzten Sachen kennt und die an sich ja nicht weniger gut sind. Trotzdem ist der kleine Schritt im Format hier das Zünglein an der Waage, dass die Musik der Polin für mich nicht nur irgendwie interessant, sondern effektiv cool macht. Und mich mit dem Gedanken schließen lässt, dass das hier die beste Platte ist, die ich bisher von ihr gehört habe.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11




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