Sonntag, 25. Februar 2024

Black History Month 2024 Pt. 3: Searching for Little Twin

ATA KAK
Obaa Sima
Die-Ai-Wei
1994
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ euphorisch | exzentrisch | selbstgemacht ]

Obaa Sima von Ata Kak ist kein Album, über das ich sprechen will, weil ich es musikalisch so fantastisch finde oder weil ich irgendwie meine Nerd-Cred damit aufwerten will. Klar finde ich es auf seine Weise ziemlich cool und klar ist es ein geekiges Stück Musik, vor allem steckt dahinter aber eine spannende Geschichte. Eine, die ich im Zuge der Recherche dazu auch eher durch Zufall erfuhr. Gehört hatte ich Obaa Sima, das einzige Album des in Ghana geborenen Musikers Yaw Atta-Owusu alias Ata Kak (zu deutsch "kleiner Zwilling"), vor ein paar Jahren und verdrängte es allein deshalb nicht, weil ich es so unfassbar witzig fand. Mit seiner Mischung aus Neunziger-Dancepop, exzentrischem Rap und Gesang und einem spürbar outsiderigen Ansatz war die Musik auf diesem Album auf eine seltsame Weise fetzig, durch ihre sehr repetetive und stur geradeaus performte Art aber auch über weite Strecken ganz schön nervtötend. Ein bisschen wie eine westafrikanische Version von Wesley Willis, die mehr oder weniger erfolgreich versucht hätte, ihre eigene Version von Everybody Everybody von Black Box aufzunehmen. Und das insgesamt sieben Mal. Mittlerweile weiß ich zwar, dass die Musik von Ata Kak einer Stilrichtung namens Hiplife zuzuordnen ist, die die Impulse der ghanaischen Highlife-Tradition (ein Fass, das ich hier gar nicht nicht erst aufmachen kann und will) ein bisschen elektronischer aufzieht und mit Rap-Gesang ergänzt, an meiner Aufassung davon hat das aber wenig geändert. Dann schon eher die Tatsache, dass hinter der Entdeckung dieses Albums eine Art kleine Searching for Sugar Man-Story steckt, die nicht zuletzt die Gründung eines ganzen Labels zur Folge hatte. Sie beginnt 1985 mit der Flucht von Owusu aus seiner Heimat, die ihn über mehrere Stationen in Deutschland zunächst nach Kanada führt. Bereits damals ist er in Bands aktiv, ab den frühen Neunzigern beginnt er gemeinsam mit einem Freund aber mit der Arbeit an einem neuen Projekt, das 1994 schließlich in diesem Album resultiert. Ohne Möglichkeiten, die Platte in Kanada vernünftig auf den Markt zu bringen, schickt er das Tape zu Verwandten in die Heimat, die davon einige Kopien pressen. Auch dort bleibt Ata Kak aber eine Karriere verwehrt. Erst acht Jahre später entdeckt der kalifornische Blogger Brian Shimkovitz bei einem Auslandssemester in Ghana das Tape zufällig auf einem Markt und ist hellauf begeistert. 2006 ist Obaa Sima das erste Album, das er über seinen Blog Awesome Tapes From Africa veröffentlicht, fünf Jahre später gründet er das gleichnamige Label mit dem expliziten Wunsch, den Urheber der Platte ausfindig zu machen. Owusu selbst lebt zu diesem Zeitpunkt schon wieder in Ghana und ahnt nichts von seinem Glück, bis zum Treffen der beiden und einem offiziellen Rerelease von Obaa Sima vergehen weitere vier Jahre. Für Owusu selbst ist die Sache damit erledigt, neue Musik gibt es von ihm bis heute nicht. Shimkovitz allerdings macht aus dieser Entdeckung ein Geschäftsmodell: Awesome Tapes From Africa ist seit Beginn der Zwotausendzehner eine der wichtigsten Adressen für Reissues vergessener Bands und Künstler*innen vom ganzen Kontinent und gräbt regelmäßig neue kleine Sensationen aus: Die Dur Dur Band aus Somalia, Hailu Mergia aus Äthiopien, Awa Poulo aus Mali oder den ebenfalls aus Ghana stammenden DJ Katapila. Und im Gegensatz zu Owusu haben einige Acts wie die Dur Dur Band oder Mergia die Entdeckung durch Shimkovitz als Sprungbrett für späte Karrieren nutzen können. Wobei man argumentieren könnte, dass dies ohne Ata Kaks Obaa Sima nicht möglich gewesen wäre. Auf eine Weise ist das hier also vielleicht ein wegbereitendes Album für die Vermarktung afrikanischer Popmusik im 21. Jahrhundert. Allermindestens aber eine inspirierende Geschichte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11


Persönliche Höhepunkte
Obaa Sima | Moma Yendodo | Yemmpa Aba | Borne Nnwom

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Wesley Willis
Greatest Hits Vol. 1

Irma Records
Rio Funk


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